Die Welt des maschinellen Lernens (ML) und der Künstlichen Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, und die Anwendungsbereiche erstrecken sich über verschiedene Branchen. Die Relevanz des Themas KI hatte ich Ihnen bereits im Beitrag Bau- & Immobilienwirtschaft: 24 Tipps für 2024 vorgestellt. Eine entscheidende Komponente für den Erfolg von KI-Modellen ist das sogenannte „Prompt-Engineering“ – die Kunst, präzise und effektive Eingabeaufforderungen oder Prompts zu formulieren.

Ich habe mir die Frage gestellt, wer eigentlich prädestiniert wäre Prompt-Engineer zu werden und kam relativ schnell zu dem Gedanken: Lehrkräfte wären eigentlich gut geeignet. Wie ich darauf komme und ob sie am Ende wirklich so gut geeignet sind möchte ich Ihnen im Folgenden vorstellen.

Hintergrund zum Prompt-Engeering

In der Welt der künstlichen Intelligenz (KI) ist das Prompt-Engineering eine Schlüsselkomponente, welche die Interaktion zwischen Menschen und KI-Systemen ermöglicht.

Prompts sind im Grunde genommen Anweisungen oder Eingabeaufforderungen, die an ein KI-System gegeben werden, um eine spezifische Antwort oder Handlung auszulösen. Sie sind oft in natürlicher Sprache verfasst und dienen dazu, das gewünschte Verhalten des KI-Modells zu steuern.

Prompts kann ich einfach oder auch komplex formulieren. Von einfachen Fragen wie „Wie ist das Wetter heute?“ bis hin zu komplexen Aufgabenstellungen, angefangen von „Übersetze den nachfolgenden Text ins Französische.“, was für mich und mein eingerostetes Französisch schon sehr hilfreich ist, bis hin zu „Analysiere mir die folgenden Daten.“. Prompts sind demnach die Schnittstelle, über die wir Menschen mit den KI-Systemen interagieren und Informationen abrufen können. Und diese Interaktion gehen weit über das hinaus was wir von der Nutzung einer Internet-Suchmaschine kennen.

Was ist Prompt-Engineering?

Prompt-Engineering ist der Prozess, bei dem Prompts entwickelt und optimiert werden, um die gewünschten Ergebnisse von KI-Systemen zu erhalten. Es beinhaltet die Gestaltung von Eingabeaufforderungen, die präzise, verständlich und anforderungsgerecht sind. Das Ziel des Prompt-Engineerings ist, sicherzustellen, dass KI-Modelle die gewünschten Informationen liefern und die gestellten Aufgaben erfolgreich ausführen. Dabei spielt die Wahl der richtigen Wörter, Satzstrukturen und Kontextinformationen eine entscheidende Rolle.

Um erfolgreiches Prompt-Engineering zu betreiben, müssen Nutzende in der Lage sein, Prompts zu formulieren, die sowohl die Fähigkeiten als auch die Einschränkungen des KI-Modells berücksichtigen. Das erfordert ein tiefes Verständnis der Funktionsweise von KI-Systemen und die Fähigkeit, Prompts zu erstellen, die deren Stärken nutzen und deren Schwächen minimieren.

Herausforderungen beim Prompt-Engineering

Also schreibe ich einfach rein was ich brauche? So einfach ist das eben nicht. Wie bereits gesagt, das Arbeiten mit KI-Systemen ist nicht gleichzusetzen mit der Nutzung einer Internet-Suchmaschine. Wobei auch dafür bestimmte Fähigkeiten notwendig sind, um mit der Suche erfolgreich zu sein. Das Prompt-Engineering birgt eine Reihe von weiteren Herausforderungen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, um am Ende nicht frustriert vor mangelhaften Ergebnissen zu sitzen.

KI-Systeme brauchen klare Anweisungen

Das klingt erstmal banal: Klare Anweisungen. Aber in der Tat, die Notwendigkeit, Prompts zu formulieren, die klar und verständlich sind ist wirklich eine Herausforderung. Insbesondere wenn die Interaktion mit dem KI-System in natürlicher Sprache erfolgt. Es ist wichtig, Mehrdeutigkeiten zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Prompts nicht missverstanden werden. Das ist schon bei der Kommunikation unter Menschen nicht so einfach.

Wer jetzt denkt, „Das ist ja nichts bahnbrechend Neues.“, der hat in der Tat recht. Es gab bereits in der Vergangenheit Wissenschaftler, die sich mit der Kommunikation beschäftigt haben. Zu nennen wären beispielsweise Paul Watzlawick mit den 5 Axiomen der Kommunikation, das 4-Ohren-Modell nach Schulz von Thun oder das Shannon–Weaver Modell der Kommunikation.

Shannon–Weaver Modell als Beispiel

Wir nehmen als Beispiel das Shannon–Weaver Modell (Shannon, 1984), auch wenn es in der Welt der Kommunikationswissenschaftler als eher ungeeignetes Modell angesehen wird, weil es zu technisch sei. Ich für meinen Teile halte es für unsere Zwecke aber für genau richtig. Also, das Shannon–Weaver Modell besagt, dass es bei der Kommunikation immer einen Sender und einen Empfänger gibt. Dabei codiert der Sender seine Botschaft (hier den Prompt) in ein Signal (zum Beispiel Schrift). Der Empfänger (hier das KI-System) nimmt das Signal (in diesem Beispiel über die Eingabemaske) auf und decodiert den Inhalt. Und genau da steckt die Herausforderung. Die Störungen in der Codierung und Decodierung zu minimieren, damit keine Missverständnisse entstehen.

KI-Systeme können voreingenommen sein

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass KI-Modelle voreingenommen sein können oder unerwünschte Verhaltensweisen zeigen, wenn die Prompts nicht sorgfältig entwickelt werden.

Die Voreingenommenheit von KI-Systemen, auch als „Bias“ bezeichnet, ist ein weit verbreitetes Problem in der Welt der künstlichen Intelligenz. Sie tritt auf, wenn KI-Modelle aufgrund von ungleichen Daten oder Vorurteilen in ihrer Entwicklung und Anwendung ungleiche Ergebnisse liefern. Es gibt mehrere Gründe, warum KI-Systeme voreingenommen sein können.

  • KI-Modelle werden häufig mit Daten trainiert, die von Menschen erstellt und zusammengestellt werden. Diese Daten können Vorurteile und Diskriminierung enthalten, die in der realen Welt existieren. Wenn diese Vorurteile in die Trainingsdaten einfließen, übernehmen die KI-Modelle diese Vorurteile und reproduzieren sie in ihren Entscheidungen und Vorhersagen.
  • Algorithmische Entscheidungen und Vorhersagen von KI-Systemen können durch die Art und Weise, wie die Modelle trainiert und optimiert werden, beeinflusst werden. Wenn beispielsweise bestimmte Leistungsindikatoren für ein KI-Modell festgelegt werden, ohne auf Fairness und Gleichheit zu achten, kann dies zu ungewollter Voreingenommenheit führen.
  • Prompts, die von Nutzerinnen und Nutzern an KI-Systeme gesendet werden, können zu Voreingenommenheit führen, wenn sie rassistische, sexistische oder andere diskriminierende Inhalte enthalten. KI-Modelle können diese diskriminierenden Muster in den Prompts aufgreifen und sie in ihren Antworten reflektieren.

Das „Bias“-Problem hatte beispielsweise auch OpenAI als das erste Modell von ChatGPT öffentlich gemacht wurde.

Prompts müssen an der Leistung des KI-Systems ausgerichtet sein

Die Ausrichtung von Prompts an der Leistung eines KI-Systems ist notwendig, um die Interaktion zwischen Menschen und der künstlichen Intelligenz effizient und effektiv ablaufen zu lassen. Diese Anpassung gewährleistet, dass die KI-Systeme die gestellten Aufgaben korrekt verstehen und angemessen darauf reagieren (siehe zuvor das Beispiel mit dem Shannon–Weaver Modell). Es gibt mehrere Gründe, warum das relevant ist:

  • KI-Modelle können unangemessene oder irrelevante Antworten liefern, da sie die Aufgabenstellung nicht korrekt interpretieren können. Das führt zu Frustration bei den Benutzerinnen und Benutzern und am Ende zu einer geringeren Akzeptanz des KI-Systems.
  • Im Umkehrschluss heißt das, die Ausrichtung von Prompts auf die Leistung des KI-Systems ermöglicht eine verbesserte Benutzererfahrung. Indem die Prompts präzise und angepasst sind, können Nutzerinnen und Nutzer genau die Informationen oder Dienstleistungen erhalten, die sie benötigen, ohne unnötige Verzögerungen oder Fehlinterpretationen.
  • Die angepasste und für das gestellte Problem wesentliche Ausrichtung von Prompts führt zu einer höheren Effizienz. Wenn Prompts klar und spezifisch sind, können KI-Systeme Aufgaben schneller und genauer erledigen, was Zeit und Ressourcen spart.
  • Die korrekte Ausrichtung von Prompts trägt zur Vermeidung von Fehlern und Missverständnissen bei. Wenn Prompts nicht an die Leistung des KI-Systems angepasst sind, besteht das Risiko, dass falsche Informationen geliefert werden oder die Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer nicht erfüllt werden.

Warum Lehrkräfte im Prompt-Engineering theoretisch gut sein müssten

Wir haben gesehen, dass die Qualität und Präzision von Prompts maßgeblich die Leistung und das Verhalten von KI-Systemen beeinflusst. Lehrkräfte, die über fundiertes Fachwissen und Erfahrung im Unterrichten verfügen, besitzen theoretisch gute Fähigkeiten, die sie zum effizienten Prompt-Engineering befähigen könnten. Nachfolgend fünf Punkte, weshalb ich denke, dass Lehrkräfte gute Prompt-Engineers wären.

1. Verständnis von Lernprozessen

Lehrkräfte haben tiefgehendes Wissen über die Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern. Sie verstehen, wie Informationen vermittelt und verstanden werden. Dieses Verständnis ist sehr hilfreich, um effektive Prompts zu entwickeln, welche auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Nutzenden zugeschnitten sind.

2. Kommunikationsfähigkeiten

Die Fähigkeit, klare und präzise Anweisungen zu formulieren, ist im Prompt-Engineering von entscheidender Bedeutung. Lehrkräfte sind erfahren darin, komplexe Konzepte in verständliche und ansprechende Sprache zu übersetzen, was ihnen bei der Formulierung effektiver Prompts zugute kommt.

3. Pädagogisches Fachwissen

Lehrkräfte verfügen über ein breites pädagogisches Fachwissen, welches die Entwicklung von Prompts positiv beeinflussen kann. Sie verstehen, wie Wissen am besten vermittelt und erworben wird, und können dieses Verständnis nutzen, um Prompts zu erstellen.

4. Bewußstsein für Zielgruppen

Lehrkräfte sind es gewohnt, mit verschiedenen Altersgruppen und Bildungsniveaus umzugehen. Damit können sie Prompts entwickeln, die altersgerecht und zielgruppenspezifisch sind, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse für die Zielgruppe relevant und verständlich sind.

5. Erfahrung in der Evaluierung von Leistungen

Lehrkräfte sind darin erfahren, die Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler zu bewerten und konstruktives Feedback zu geben. Diese Fähigkeit kann genutzt werden, um die Ergebnisse von Prompts zu evaluieren und gegebenenfalls die Prompts zielgerichtete anzupassen.

Warum Lehrkräfte im Prompt-Engineering praktisch (noch) nicht so gut sein könnten

Auch wenn Lehrkräfte zweifellos wertvolles Wissen und spezifische Fähigkeiten besitzen, gibt es auch Gründe, warum sie möglicherweise (noch) nicht so gut für das Prompt-Engineering befähigt sein könnten. Nachfolgend fünf Gründe.

1. Mangelnde technische Expertise

Lehrkräfte sind zwar Experten in ihren jeweiligen Fachgebieten und im Unterrichten, jedoch verfügen sie in der Regel nicht über umfassende technische Expertise, welche für das Prompt-Engineering erforderlich wäre. Die Entwicklung von Prompts erfordert zumindest ein Grundverständnis für KI-Algorithmen, Programmierung und die Funktionsweise von KI-Systemen, was in der Lehramtsausbildung in der Regel nicht vermittelt wird.

2. Unterschiedliche Zielsetzungen

Die Hauptaufgabe von Lehrkräften besteht darin, Schülerinnen und Schülern Wissen zu vermitteln und sie beim Lernen zu unterstützen. Im Gegensatz dazu sind Prompts in der Regel darauf ausgerichtet, bestimmte Aufgaben oder Anfragen an KI-Systeme zu stellen. Die Zielsetzungen im Bildungsbereich (Wissenvermittlung und Unterstützung) und im Bereich des Prompt-Engineerings (stellen von Aufgaben) können sich erheblich unterscheiden, was zu einem Missverhältnis zwischen den Rollen Lehrkraft und Prompt-Engineer führen kann.

3. Fehlende Erfahrung in der KI-Entwicklung

Lehrkräfte haben in der Regel keine Erfahrung in der Entwicklung von KI-Systemen. Das Prompt-Engineering erfordert jedoch ein Verständnis für die Funktionsweise von KI-Modellen, Trainingsdaten und Evaluationsverfahren. Ohne diese Erfahrung können Lehrkräfte Schwierigkeiten haben, effektive Prompts zu erstellen.

4. Herausforderungen bei der Anpassung an KI-Systeme

Das Arbeiten mit KI-Systemen erfordert eine Anpassung an die spezifischen Fähigkeiten und Einschränkungen dieser Systeme. Lehrkräfte, welche an gewohnte Lehrmethoden und didaktische Ansätze gebunden sind, könnten Schwierigkeiten haben, sich an die teilweise dynamischen Anforderungen des Prompt-Engineerings anzupassen.

5. Begrenzte Zeitressourcen

Lehrkräfte haben oft begrenzte Zeitressourcen aufgrund ihrer Unterrichtsverpflichtungen und anderer beruflicher Verantwortlichkeiten. Das Prompt-Engineering erfordert jedoch Zeit und Aufmerksamkeit, um Prompts sorgfältig zu entwickeln, zu testen und anzupassen. Der Zeitmangel kann zu oberflächlichen oder unausgereiften Prompts führen und damit zu unzureichenden Ergebnissen.

Und nun?

Lehrkräfte verfügen über theoretische Fähigkeiten und Erfahrungen, die sie zu idealen Kandidaten für das Prompt-Engineering machen. Ihr Verständnis von Lernprozessen, pädagogischem Fachwissen, Anpassungsfähigkeit an verschiedene Lernstile, Kenntnis von Zielgruppen, Fähigkeit zur Bewertung von Ergebnissen und das Bewusstsein für Ethik und Verantwortung sind wertvolle Ressourcen in der Entwicklung von effektiven Prompts.

Die Integration solcher Kompetenzen in das Feld des Prompt-Engineerings erscheint durchaus hilfreich und kann zu einer verbesserten Interaktion zwischen Menschen und KI-Systemen führen.

Demgegenüber steht jedoch die Realität und gelebte Praxis weshalb Lehrkräfte möglicherweise (noch) nicht so gut im Prompt-Engineering sein könnten. Unzureichende technische Expertise, die unterschiedlichen Zielsetzungen, zu geringe Erfahrung in der KI-Entwicklung und -Nutzung, begrenzte Zeitressourcen und die Notwendigkeit eines interdisziplinären Ansatzes sind Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen.

Was können Sie tun?

Sie können ihre Fähigkeiten im Prompt-Engineering bereits mit drei einfachen Schritten verbessern:

  1. Sie sollten sich über die Grundlagen des maschinellen Lernens und der KI informieren, um ein besseres Verständnis für die Funktionsweise von Modellen zu entwickeln.
  2. Sie sollten sich mit den spezifischen Plattformen und Tools vertraut machen, welche für die Erstellung von Prompts verwendet werden (siehe auch mein Beitrag 24 Tipps für 2024).
  3. Sie sollten von Experten im KI-Feld lernen, freie Ressourcen im Internet nutzen und Schulungen besuchen, die ihnen dabei helfen, ihre Prompt-Engineering-Fähigkeiten zu entwickeln und auszubauen.

Auch ich werde mit meinem Team versuchen dazu beizutragen, dass das Thema KI mehr in der Ausbildung von Lehrkräften berücksichtigt wird. Im Projekt „KI4Edu“ adressieren wir KI im Kontext von Lernen und Prüfen und entwickeln einen Weg, um KI in der Ausbildung von Lehrkräften zu verankern.

Doch das Wichtigste ist, einfach machen! Legen Sie einfach los, experimentieren Sie und probieren Sie aus. Denn nur selber machen macht schlau! In diesem Sinne, viel Spaß dabei!

Quellenverzeichnis:

Shannon, C. E. (1948). „A Mathematical Theory of Communication“ (PDF). Bell System Technical Journal. 27 (3): 379–423

Schlagwörter: Prompt-Engineering, Lehrkräfte, Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernens, KI-Modelle, effektive Prompts, Technisches Wissen, maschinelles Lernen, bessere Prompts.

Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2024). 5 Gründe warum Lehrkräfte gute Prompt-Engineers wären [Blog-Beitrag]. 06.02.2024. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar

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