In meinem Beitrag „Auswirkungen der Digitalisierung auf das Baumanagement“ habe ich bereits das Building Information Modeling (BIM) erwähnt. Schauen wir uns dieses „BIM“ einmal genauer an.

BIM hat sich in den letzten Jahren zu einem entscheidenden Ansatz in der Bauwirtschaft entwickelt. BIM ermöglicht die digitale Erstellung und Verwaltung von Bauwerken, von der Planung über die Ausführung bis hin zur Betriebsphase.

Dabei handelt es sich nicht um eine Software. Es ist vielmehr eine kokreative Arbeitsweise, in welcher sich die verschiedensten Akteure einbringen.

Im Rahmen der Mitarbeit in verschiedenen Projekten, Normen und Richtlinien (siehe Ende des Beitrags) habe ich mich mit dem Thema BIM aus der Sichtweise unterschiedlicher Akteure beschäftigen können.

Was BIM ist und was die vier wesentlichen Herausforderungen und vier besonders relevante Chancen im Zusammenhang mit der Implementierung von BIM in Bauprojekten sind stelle ich Ihnen im Folgenden kurz und knapp vor.

Hintergrund „Building Information Modeling“

Es existieren national wie auch international verschiedene Sichtweisen zu BIM. Je nach Fachrichtung unterscheiden sich diese und akzentuieren ihre entsprechende Fachkultur (Was auch in Ordnung ist.).

Aus den aktuellen Betrachtungen lässt sich ableiten, dass BIM als ganzheitlicher, kooperativer und transparenter Ansatz für Planung, Bau und Betrieb von Anlagen gesehen wird.

Diese Sichtweise lässt sich durch die Tatsache, dass BIM auf einem digitalen, vernetzten Datenmodell basiert, in welchem verschiedene Beteiligte fachübergreifend und fortlaufend mit- und zuarbeiten sogar noch erweitern.

BIM basiert demnach nicht nur auf einer Kooperation, sondern mehr auf einer Kollaboration von Beteiligten.

Da der kollaborative Ansatz von BIM das Ergebnis eines gemeinschaftlichen Schöpfungsprozesses zur Erzeugung von Synergieeffekten ist, welcher die am Planungs-, Realisierungs- und Betriebsprozess einer Anlage Beteiligten adressiert und dabei auf den Bedürfnissen des Kunden (Besteller) und die kontinuierliche Kommunikation mit diesem basiert, muss hier sogar von Kokreation gesprochen werden1 (Co-Creation: siehe Prahalad & Ramaswamy (2000) zum Hintergrund des Begriffs).

Von daher ist das bei der Anwendung der BIM-Methode entstehende digital vernetzte Datenmodell das Ergebnis einer multidisziplinären Kokreation und stellt deshalb auch eine fundierte und valide Wissensressource für die Entscheidungsfindung zur Optimierung von Planung, Bau und Betrieb einer Anlage dar.

Definition „Building Information Modeling“

Aus den o.g. Betrachtungen entsteht folgende Definition von BIM:

BIM ist eine ganzheitliche, kokreative und transparente Arbeitsmethodik zur Darstellung der digitalen Vernetzung aller physikalischen und funktionalen Eigenschaften einer Anlage in einem objektorientierten gemeinsamen virtuellen Bauwerksdatenmodell, welches für einen bestimmten Zweck in einer multidisziplinären Kommunikation zwischen fachlich Beteiligten wie auch dem Besteller über den Austausch oder die Übergabe von Daten mit weiteren Funktionen versehen ist, um relevante Informationen über den Lebenszyklus konsistent zu erfassen und zu verwalten, mit dem Ziel eine gemeinsame Wissens- und Entscheidungsressource bereitzustellen für die Optimierung der Prozessabwicklung in Planung, Realisierung und Betrieb von Anlagen.“ (Karl, 2021, S. 9)

Herausforderungen bei der Implementierung von BIM

  1. Hohe Anfangsinvestitionen: Die Einführung von BIM erfordert erhebliche Investitionen in Hardware, Software und Schulungen. Dies kann vor allem für kleinere Unternehmen eine finanzielle Hürde darstellen.
  2. Komplexe Schulungsanforderungen: Die Schulung des Personals in BIM-Anwendungen ist zeitaufwendig und anspruchsvoll. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen neue Fähigkeiten erlernen, um die Technologie effektiv nutzen zu können.
  3. Interoperabilität von Software: BIM-Software-Tools sind oft proprietär und können Schwierigkeiten bei der Interoperabilität verursachen. Dies erschwert den Datenaustausch zwischen verschiedenen Phasen eines Bauprojekts.
  4. Widerstand gegen Veränderungen: Die Einführung von BIM erfordert eine Umstellung der Arbeitsweise, was auf Widerstand und Skepsis bei den MItarbeiterinnen und Mitarbeitern stoßen kann.

Chancen bei der Implementierung von BIM

  1. Verbesserte Kollaboration: BIM fördert die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Akteuren in Bauprojekten. Dies kann zu effizienteren Arbeitsabläufen und einer Reduzierung von Konflikten führen.
  2. Effizientere Planung und Ausführung: BIM ermöglicht eine präzisere Planung und Visualisierung von Bauprojekten. Dies führt zu einer besseren Kontrolle der Kosten und Zeitpläne.
  3. Bessere Datenverwaltung: BIM erleichtert die Verwaltung von Bauprojektdaten, was zu einer besseren Nachverfolgung von Änderungen und einer verbesserten Dokumentation führt.
  4. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz: BIM ermöglicht die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Bauprojekte, einschließlich energieeffizientem Design und Lebenszyklusanalysen.

Und nun?

Die Implementierung von BIM in Bauprojekten bietet Herausforderungen und Chancen.

Die Überwindung der Anfangsinvestitionen, die Schulung des Personals und die Bewältigung von technischen Interoperabilitätsproblemen erfordern eine strategische Herangehensweise. Ebenso die Akzeptanz. Und zwar insofern, dass BIM als eine wertvolle Methode anerkannt wird.

Auf der positiven Seite ermöglicht BIM eine verbesserte Kollaboration, effizientere Planung und Ausführung, bessere Datenverwaltung und die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten.

Für die Bauwirtschaft ist es entscheidend die Potenziale von BIM anzuerkennen und sich den Herausforderungen aktiv zu stellt. Nur so können die Vorteile dieses digitalen Ansatzes in vollem Umfang nutzbar gemacht werden.

Interessante Projekte, Normen und Richtlinien:

  • Handwerksfortbildung „Geprüfte/r Berufsspezialist*in für Building Information Modeling (BIM) im Handwerk“ [Mitentwicklung und Umsetzung als Dozent]
  • BIM-Kompetenzen ausschreiben und nachweisen – Leitlinien für Bauherren und Auftragnehmer, Beuth White Paper, Berlin: Beuth Verlag GmbH, 2022, [Autor], online verfügbar
  • Richtlinie VDI / buildingSMART 2552 Blatt 8.3 „Building Information Modeling – Qualifikationen – Fertigkeiten“, 10-2022, [Mitautor], hier bestellbar
  • Richtlinie VDI / buildingSMART 2552 Blatt 8.2 „Building Information Modeling – Qualifikationen – Vertiefende Kenntnisse“, 10-2022, [Mitautor], hier bestellbar
  • BIM-Kompetenz und BIM-Lernfelder: didaktischer Ansatz zur Umsetzung in der Beruflichen Bildung im Bauwesen. (report fachdidaktik bau:technik), [Autor], online verfügbar
  • BIM-Handreichung für kommunale und öffentliche Bauherren (BIM-Qualifizierungsleitfaden Nordrhein-Westfalen), 2021, [Mitautor] online verfügbar
  • Richtlinie VDI / buildingSMART 2552 Blatt 8.1 „Building Information Modeling – Qualifikationen – Basiskenntnisse“, 01-2019, [Mitautor], hier bestellbar
  • Maßnahmenkatalog zur Nutzung von BIM in der öffentlichen Bauverwaltung unter Berücksichtigung der rechtlichen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, 2014, [Mitautor], online verfügbar

Quellenverzeichnis:

Karl, C. K. (2021): BIM-Kompetenz und BIM-Lernfelder: didaktischer Ansatz zur Umsetzung in der Beruflichen Bildung im Bauwesen. (report fachdidaktik bau:technik). Online unter: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:464-20210112-131412-5.

Prahalad, C.K. & Ramaswamy, V. (2000). Co-opting Customer Competence. In: Havard Business Review. Havard Business Review, 1. Januar 2000, https://hbr.org/2000/01/co-opting-customer-competence

Schlagwörter: Building Information Modeling (BIM), Bauprojekte, Implementierung, Herausforderungen, Chancen, Datenverwaltung, Kollaboration.

Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2023). Building Information Modeling: Herausforderungen und Chancen [Blog-Beitrag]. 19.12.2023. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar

  1. Obgleich der Begriff der „Co-Creation“ in diesem Kontext relativ neu erscheint, sind im Bauwesen schon seit jeher Anlagen, Produkte, Dienstleistungen und Serviceangebote in Zusammenarbeit mit den Kunden entstanden. Der Begriff der „Co-Creation“ macht jedoch den gemeinschaftlichen Schöpfungsprozess mit dem Besteller und die damit einhergehenden Rollen, Verantwortlichkeiten mit deren Beiträgen wie auch die angepassten informatorischen Zusammenhänge in der aktuellen Diskussion um die Methode BIM noch deutlicher. ↩︎

Newsletter

Sie wollen keinen Trend verpassen? Melden Sie sich jetzt zum monatlichen Newsletter an und bleiben Sie stets informiert.

×