Was das Jugendwort 2025 über die Grenzen künstlicher Intelligenz verrät

Aktualisiert am 21. Oktober 2025

Es begann mit einem harmlosen Experiment zum Jugendwort 2025: Ich wollte wissen, wie gut moderne KI-Modelle eigentlich Jugendsprache verstehen. Schließlich gehört Sprachwandel zur digitalen Transformation genauso wie neue Technologien. Also fragte ich ChatGPT nach einem witzigen Text, in dem die Jugendwörter 2025 vorkommen.

Das Ergebnis: ein sauber formulierter, grammatikalisch perfekter Text der trotzdem klang, als hätte ihn jemand geschrieben, der „TikTok” noch für ein Weckergeräusch hält. Kurz gesagt: syntaktisch korrekt, sozial tot.

Und genau das ist spannend. Denn der Unterschied zwischen Sprache kennen und Sprache fühlen zeigt, wo die Grenzen künstlicher Intelligenz aktuell liegen. Nicht nur bei Jugendwörtern, sondern auch bei der Art, wie Maschinen unsere Kultur verarbeiten und womöglich sogar mitprägen.

Warum KI Jugendsprache (noch) nicht versteht

Sprachmodelle wie ChatGPT, Gemini oder DeepSeek haben Zugriff auf unvorstellbare Mengen an Texten. Sie kennen Definitionen, Kontexte und Häufigkeiten jedes Wortes. Slang-Begriffe wie z.B. das Jugendwort 2025 sind davon nicht ausgenommen. Aber was ihnen fehlt, ist gelebte soziale Erfahrung.

Ich sehe hier drei zentrale Gründe:

  1. Trainingsdaten-Bias:
    Künstliche Intelligenz lernt aus öffentlich verfügbaren Texten, Foren und Artikeln die oftmals von Erwachsenen geschrieben werden. Jugendsprache ist flüchtig, ironisch, situativ und verschwindet, bevor sie in Trainingsdaten landet. Das Ergebnis: Die KI weiß was „Rizz” bedeutet, aber nicht wann es cool ist, es zu sagen.
  2. Fehlende Pragmatik:
    Sprache ist mehr als Grammatik. Sie ist Tonfall, Timing, Gruppendynamik. KI versteht Wörter semantisch, aber nicht sozial. Sie erkennt das Muster aber nicht das Momentum.
  3. Sicherheits- und Neutralitätsfilter:
    Moderne Modelle vermeiden extreme, polarisierende oder zweideutige Inhalte. Das ist richtig aber es glättet auch Ironie, Übertreibung und Absurdität, also genau das, was Jugendsprache zum Teil auch ausmacht.

Linguistisch betrachtet verharrt KI auf der Ebene der Syntax, d.h der Form. Sie analysiert Wortfolgen und statistische Muster, ohne den semantischen oder pragmatischen Kontext zu erfassen. Ein Mensch erkennt Ironie, Ambivalenz oder Tonfall, weil er soziale Erfahrung hat. Eine KI erkennt lediglich, dass bestimmte Wörter oft zusammen auftreten.

Im Grunde verhält es sich mit Jugendsprache ähnlich wie mit Fachsprache auf der Baustelle: Wer die Begriffe kennt, hat noch lange nicht verstanden, wie sie im echten Leben verwendet werden. Was verbinden Sie z.B. mit dem Wort “Frosch”? 😉

KI-Experiment zum Jugendwort 2025: Wenn „Rizz” zum Risiko wird

Kommen wir nun zum praktischen Teil bzw. zu dem von mir angekündigten Experiment. Mein Prompt für ChatGPT 5 war zugegeben recht einfallslos:

Schreibe mir bitte einen witzigen Text, in dem die Jugendwörter 2025 in korrektem Bezug vorkommen.

Das Ergebnis war wie folgt:

ChatGPT
Generierte Antwort • Chat-Ansicht
Also pass auf, Diggah, gestern war echt das crazy. Ich chill mit meiner Crew im Park, lowkey am Grinsen, weil ich schon von weitem seh: „Ey, der Typ da drüben…” – und dann geht die Action los. Er kommt angerannt wie: „Checkst du … was hier abgeht?” – ich so: „Checke ich, Brudi.” Dann sagt meine Homie: „Alter, das Outfit von der Lisa ist einfach tuff – ganz anders als der Rest.” Und ich so: „Ja man, voll der Rizz, die Aura stimmt.” (Okay, vielleicht geh ich bisschen over, aber hey.) Plötzlich: Boom! Musik ausgefallen, alle starren auf ihre Handys – tot Stimmung. Ich sag: „Yo, das ist doch tot – wer bringt denn bitte die Box mit Akku mit?” – aber keiner hatte daran gedacht. Schere! (Gaming-Move: Fehler eingestehen.) Doch dann rettet meine Freundin die Lage, mit ‘nem spontanen DJ‐Switch via Bluetooth – und zack: Party revived. Ich rufe: „Rede! Das ist was, worüber alle reden!” – und alle feiern mit. Dann lief’s wieder rund, wir lachten, wir tanzten, ich dachte mir: „Boah, das wird lowkey ein Abend, den ich nicht so schnell vergesse.” Aber dann, aus dem Nichts, sagt Jens so: „Okay, Leute, Zeit für ‘ne Pause, ich geh kurz ‘goonen’ …” – ich hab so geguckt… sybau? Echt jetzt? Am Ende sag ich zu meiner Crew: „Ey, Digga, das war echt tuff, danke dafür.” Und alle so nicken: „Ja man, voll verstanden – Checkst du?”
ChatGPT • Originalausgabe

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich schwankte zwischen Verwunderung, Unglaube und einem Hauch von Fassungslosigkeit. Das war eines der bisher katastrophalsten Chatausgaben die ich bisher gelesen habe. Um es diplomatisch zu sagen: Die KI trifft weder den Wortgebrauch noch den Vibe.

Und das ist der Kern:

Künstliche Intelligenz imitiert Kommunikation doch sie lebt sie nicht.

Wer selbst mit KI experimentieren möchte, findet praxisnahe Tipps im Beitrag KI-Prompts optimieren: Strategien für eine bessere KI-Nutzung.

Sprache, Bedeutung und Maschinen: Eine linguistische Perspektive

Sprache ist mehr als das, was gesagt wird. Sie ist ein System von Bedeutungen, das ständig im Wandel ist. Was in unserem Kontext hier wichtig ist: Während Menschen Bedeutungen konstruieren, versuchen KI-Modelle, sie zu approximieren.

Die Sprachwissenschaft unterscheidet dabei traditionell zwischen drei zentralen Ebenen:

  1. Semantik: die Bedeutung von Wörtern und Sätzen. KI-Modelle sind in dieser Dimension erstaunlich stark: Sie wissen, dass „Rizz” mit „Charme” assoziiert wird.
  2. Pragmatik: die Bedeutung im Gebrauch. Hier wird es schon schwieriger: Sprache ist situativ. Wenn jemand „tuff” sagt, kann das Bewunderung, Ironie oder Solidarität ausdrücken je nach Tonfall, Gestik und sozialem Kontext.
  3. Soziolinguistik: Sprache als Ausdruck sozialer Identität. Jugendsprache ist ein Werkzeug der Abgrenzung und Zugehörigkeit. Sie sagt weniger was, sondern wer jemand ist.

KI kann also semantische Strukturen analysieren, aber sie versteht keine sozialen Rollen. Das ist, als würde man ein Buch lesen und glauben, man habe Freundschaft verstanden. Der ein oder andere versteht wahrscheinlich meine Anspielung auf eine bestimmte Folge von “Young Sheldon” 😉

Sprachwissenschaftliche Perspektive

Der Unterschied zwischen maschinellem Sprachmodell und menschlicher Kommunikation lässt sich auf Basis von drei zenzralen Konzepten beschreiben:

  • Kompetenz vs. Performanz auf Basis von Noam Chomsky: KI hat formale Sprachkompetenz, aber keine kommunikative Performanz.
  • Pragmatik unter Berücksichtigung von H. P. Grice: KI folgt keiner impliziten Bedeutungslogik, sie kennt keine Intention.
  • Sprechakttheorie nach J. L. Austin: Menschliche Sprache „handelt”. KI-Sprache bildet lediglich ab (KI ist “abbildend”).

Kognitive Linguistik und maschinelles Lernen

Die moderne Linguistik versteht Bedeutung zunehmend als embodied cognition d.h. als etwas, das im Körper, in Emotion und Erfahrung verankert ist. Maschinen dagegen arbeiten rein symbolisch. Sie „lernen” Sprache durch Korrelationen, nicht durch Erleben. Der Linguist George Lakoff würde wahrscheinlich sagen: KI kennt keine Metaphern, weil sie keine Welt hat, in der Metaphern Sinn ergeben. Genau deshalb wirken KI-Texte oft steril: Sie haben Syntax ohne Körper und Grammatik ohne Gefühl.

Und gerade der Aspekt der Erfahrung ist für mich als Planspielentwickler und -forscher hochrelevant. Denn Planspiele sind verkörperte Lernformen: Sie verbinden Wissen mit Handlung, Emotion und sozialer Interaktion. Genau das, was Künstliche Intelligenz aktuell fehlt. KI kann Regeln modellieren, aber noch keine echte Erfahrung simulieren. Vielleicht ist das der zentrale Unterschied zwischen maschinellem Lernen und menschlichem Begreifen.

Jugendwort 2025, Kultur und KI: Ein Spiegel mit Rauschen

Jugendsprache ist kein Selbstzweck. Sie ist ein soziales Werkzeug, d.h. sie ist ein Code, der Zugehörigkeit ausdrückt, Abgrenzung schafft und Identität formt. Wenn KI versucht, diesen Code nachzubilden, tut sie das aus der Distanz eines Beobachters. Und zwar eines Beobachters der den Hintergrund eines “Boomers” hat. Die Datenbasis ist ein riesiger Datensatz aus frei verfügbaren Webtexten, Foren, Artikeln und vieles davon stammt aus konservativeren, redaktionellen Quellen.

In der Sprachphilosophie würde man sagen: KI kann die Referenz erfassen, aber nicht die Intention. Sie weiß, worauf ein Wort verweist, aber nicht, warum jemand es in einem bestimmten Moment wählt. Sprache ist performativ. d.h sie tut etwas in der Welt. Diese Dimension fehlt der Maschine vollständig.

KI spiegelt, aber fühlt nicht

Das heißt: Die echte Jugendkommunikation, die sich live auf TikTok, Reddit oder Discord entwickelt, ist in KI-Modellen in der Regel unterrepräsentiert. Und Selbst wenn die KI Zugriff auf die Websuche hat, dauert es, bis sich echte Sprachverwendungen durch Millionen Posts stabilisieren kann. Das bedeutet, die KI sieht sprachliche Trends analytisch, aber nicht organisch. Damit offenbart uns KI ungewollt etwas ganz wichtiges über sich selbst:

Künstliche Intelligenz kann unsere Sprache spiegeln, aber nicht teilen. Sie kann ironisch klingen, aber keine Ironie fühlen.

Das gilt übrigens nicht nur für Jugendsprache. In vielen Bereichen der digitalen Transformation, ob in der Bauwirtschaft, in Bildung oder Medien erleben wir ähnliche Phänomene:

Technologie simuliert lediglich Kompetenz.

Veränderung von Machtstrukturen

Diskurslinguistisch betrachtet sind Sprachmodelle ein hochrelevanter Teil neuer Machtstrukturen: Sie formen Diskurse, indem sie entscheiden, welche Formulierungen „wahrscheinlich” oder „neutral” sind.

Damit verschiebt sich, was sagbar ist und zwar nicht, weil jemand es verbietet, sondern weil der Algorithmus es seltener anbietet. Diese stillen Verschiebungen erinnern an die linguistische Analyse von Michel Foucault und seine Idee der „Diskursmacht”. Nur mit dem Unterschied, dass sie heute nicht von Institutionen, sondern von Trainingsdaten ausgeht. Obwohl, eigentlich sind es im Hnitergrund doch wieder Institutionen.

Übrigens, wer sich fragt, ob ich das Experimente weiter geführt und den Prompt verfeinert habe: Ja, natürlich, aber das Ergebnis war immer noch grauslig.

Warum das Jugendwort 2025 ein Lehrstück für KI-Forschung ist

Wenn KI ein Jugendwort falsch einordnet, ist das kein triviales Missverständnis, sondern ein Symptom: Maschinen erkennen Muster, aber keine Bedeutungshierarchien.

  • „Rizz” ist nicht nur „Charme”, sondern auch performative Selbstdarstellung.
  • „Tuff” ist nicht nur „cool”, sondern Ausdruck von Resilienz, Trotz und Selbstironie.
  • „Sybau” (sympathisch, aber unaufdringlich) ist kein neutrales Adjektiv, sondern eine gesellschaftliche Haltung gegen Überpräsenz.

All das versteht KI nicht als soziale Bewegung, sondern als semantische Variable. Sie ahmt Bedeutung nach doch sie empfindet sie nicht. Von daher zeigt Jugendsprache, wie schnell sich Bedeutung verschiebt und wie stark sie von sozialem Kontext abhängt. Wenn KI diesen Wandel nicht nachvollziehen kann, offenbart das ganz deutlich ihre Grenzen und erinnert uns daran, dass Sprache immer mehr ist als Daten.

Aus linguistischer Sicht ließe sich sagen: KI erzeugt Schein-Semantik, d.h. Bedeutung, die formal korrekt, aber sozial leer ist. Die Maschine erkennt Signale, aber nicht Sinn. KI “lebt” eben nicht in einer sozialen Welt, in der diese Signale oder Zeichen Bedeutung erhalten. Der französische Linguist Ferdinand de Saussure würde vielleicht sagen: Die KI kennt das Zeichen, aber nicht das Leben, das es trägt. Also die Erfahrung, Emotion, soziale Einbettung und Intention.

KI operiert auf der Ebene von Symbolen (Form), der Mensch hingegen lebt Bedeutung (Erfahrung).

Eine vertiefte Betrachtung der Schattenseiten von KI finden Sie im Beitrag Künstliche Intelligenz und ihre dunklen Seiten.

Was wir aus dem Experiment Jugendwort 2025 und KI lernen können

Künstliche Intelligenz revolutioniert Kommunikation, aber sie verändert sie auch. Und das leise, schleichend, algorithmisch. Wenn Modelle wie ChatGPT die Sprache automatisieren, übernehmen sie gleichzeitig kulturelle Deutungshoheit.

Das bedeutet:

  • Wer spricht, definiert Realität.
  • Wer trainiert, prägt Sprache.
  • Und wer die Sprache der Jugend glättet, glättet auch ihre Kritik.

Die eigentliche Gefahr liegt also nicht darin, dass KI Jugendwörter falsch benutzt sondern darin, dass sie sie womöglich richtig benutzt, aber ohne sie wirklich zu verstehen.

Und nun?

Jugendsprache ist flüchtig, menschlich und voller Bedeutungsschichten. ein lebender Beweis dafür, dass Kommunikation weit mehr ist als das Aneinanderreihen von Wörtern. Sie verändert sich, widerspricht sich, provoziert und genau darin liegt ihre Menschlichkeit. Wenn KI sie kopiert, offenbart sie unbeabsichtigt, wie unterschiedlich „Intelligenz” tatsächlich ist: analytisch versus sozial, semantisch versus situativ, berechnet versus erlebt. Und auch was ihr fehlt: gelebte Erfahrung, Humor, Ironie, Scham, Nähe. Eben all das, was zwischen den Zeilen schwingt.

Diese Differenz ist kein Fehler, sondern ein Spiegel: Sie zeigt, dass Kommunikation mehr ist als Datenverarbeitung. Echte Sprache lebt von Erfahrung, Emotion und Kontext und das sind alles Dinge, die KI nur nachahmt, aber nie empfindet.

Für mich ist das die wichtigste Lektion des Jugendworts 2025: Es verrät etwas über die Jugend aber mehr noch über die Grenzen der Maschinen, die sie imitieren wollen. Denn KI kann Sprache simulieren aber nicht verstehen, warum wir überhaupt sprechen. Und genau darin liegt der Unterschied zwischen Kommunikation und Kalkulation.

Das ist ziemlich lehrreich und ein Grund, warum wir vorsichtig sein sollten, wenn Maschinen beginnen, unsere Sprache zu formen. Vielleicht sollten wir uns nicht fragen, ob KI Jugendsprache versteht, sondern was es für uns bedeutet, wenn sie es eines Tages wirklich könnte.

Schlagwörter: Jugendwort 2025, Künstliche Intelligenz, digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und Sprache, Sprachwandel durch KI, KI Kommunikation, Sprachmodell Semantik, Kognitive Linguistik KI, Pragmatik und KI, Soziolinguistik, KI Sprachanalyse, Mensch Maschine Kommunikation, Sprachphilosophie und KI, Zukunft der Sprache

Diesen Beitrag zitieren:Karl, C. [Christian K. Karl]. (2025). Was das Jugendwort 2025 über die Grenzen künstlicher Intelligenz verrät [Blog-Beitrag]. 20.10.2025.BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Spannende Einblicke zum Thema Exoskelette im Bauwesen finden Sie auf der Serien-Seite: Beitragsserie Exoskelette im Bauwesen.