Exoskelette für die Baustelle: Hersteller & Praxisbeispiele

Aktualisiert am 24. September 2025

Der Markt mit Hersteller für Exoskelette für die Baustelle wächst rasant. Im vorherigen Beitrag haben wir uns verschiedene Einsatzbereiche und Vorteile von Exoskeletten auf Baustellen angeschaut. Und auch wenn es noch einige Herausforderungen gibt, bringen bereits zahlreiche Hersteller – von Startups bis Großkonzernen – Produkte auf den Markt. Weltweit gibt es über 100 Exoskelett-Hersteller (siehe orthexo.de). Diese Vielfalt an Akteuren zeigt, dass das Feld stark in Bewegung ist. Neben den bereits im ersten Teil genannten Beispielen von Ekso Bionics (Ekso Vest) oder Hilti (Exo-S) stelle ich Ihnen im Folgenden weitere aktuelle Marktakteure und ihre Lösungen vor – ergänzt um aktuelle Praxisbeispiele aus dem Baugewerbe.

Aktuelle Marktakteure und ihre Lösungen

German Bionic – Exoskelette für Industrie & Baustelle

German Bionic aus Augsburg ist ein europäisches Robotikunternehmen, das aktive Exoskelette entwickelt. Ihr bekanntestes Produkt Cray X ist ein akkubetriebenes Rücken-Exoskelett, das bis zu 30 kg pro Hebevorgang unterstützt. Es wird u.a. in Logistik und Industrie eingesetzt, aber auch auf Baustellen erprobt (z.B. bei Xella, siehe deren LinkedIn Post dazu). Weitere Modelle wie Apogee und Exia sind robuster gegen Staub bzw. Wasser und liefern noch höhere Unterstützung (bis ~38 kg). German Bionic betont die Intelligenz ihrer Exoskelette: Sie sammeln Daten, passen sich an und sind cloud-vernetzt (Stichwort Smart Exoskeleton).

Festool – ExoActive für das Bauhandwerk

Die Firma Festool (bekannt für Elektrowerkzeuge) hat 2023 mit ExoActive das erste aktive Exoskelett fürs Handwerk vorgestellt. Es richtet sich an Bauhandwerker wie Trockenbauer, Maler oder Monteure. Mit einem 18V-Akku als Antrieb liefert ExoActive spürbare Unterstützung bei Über-Kopf-Arbeiten und entlastet Nacken sowie Arme. Laut Festool benötigen 71 % der Tester mit ExoActive weniger Pausen bei Deckentätigkeiten (siehe hier). Das System ist wie ein Rucksack tragbar und in Sekunden auf den Träger einstellbar. Damit steigt ein weiterer großer Akteur in den Exoskelett-Markt ein, was die Verbreitung im Baugewerbe vorantreiben wird.

Hunic – Textile Exoskelette für Handwerksbetriebe

Das Startup Hunic aus Baden-Württemberg setzt auf textile Exoskelette. Ihre passiven Rücken-Exos (z.B. SoftExo Lift 6) bestehen größtenteils aus Stoffgurten und elastischen Bändern. Damit sind sie sehr leicht (unter 1 kg) und verkratzen keine Oberflächen, was z.B. im Innenausbau wichtig ist. Laut Hersteller können sie die Rückenmuskulatur um bis zu 25 % entlasten. Hunic zielt besonders auf Handwerksbetriebe und hat erkannt, dass der Komfort, die Schonung empfindlicher Materialien wie auch ein erschwinglicher Preis wichtige Kaufargumente sind – besonders für KMU.

Laevo Laevo Flex und V2

Laevo ist ein niederländischer Hersteller, der sich auf passive Rücken-Exoskelette spezialisiert hat. Das Modell Laevo V2 wurde gezielt für Tätigkeiten entwickelt, bei denen häufiges Vorbeugen und Heben notwendig ist – wie etwa beim Verlegen von Rohren oder Fliesen. Das System arbeitet mit mechanischer Federunterstützung und leitet die entstehenden Kräfte von Rücken und Rumpf auf die Oberschenkel ab. Dadurch kann die Rückenmuskulatur signifikant entlastet werden, ohne Elektronik oder Batterieeinsatz. Laevo wird bereits in Logistik, Pflege und zunehmend auch auf Baustellen eingesetzt, wo einfache Handhabung und Robustheit gefragt sind.

Skelex Skelex 360

Das niederländische Unternehmen Skelex wurde ursprünglich im Rahmen eines Projekts mit Airbus gegründet, um Mitarbeitende bei Über-Kopf-Tätigkeiten in der Flugzeugfertigung zu unterstützen. Das daraus entstandene passive Schulter-Exoskelett Skelex 360 wird mittlerweile auch in anderen Branchen eingesetzt – darunter im Baugewerbe, z.B. beim Einbau von Deckeninstallationen oder beim Verputzen. Das Exoskelett reduziert die Belastung auf Schultern und Nacken, indem es die Arme mechanisch in der Höhe unterstützt. Skelex hat ein modulares Design und hohe Bewegungsfreiheit, was besonders in engen Baustellenumgebungen von Vorteil sein wird.

Comau: MATE

Comau hat mit dem MATE (Muscular Aiding Tech Exoskeleton) ein passives Schulter-Exoskelett entwickelt, das ursprünglich für die Automobilfertigung gedacht war. Es wird über Gurtsysteme am Körper getragen und unterstützt die Armhaltung bei überkopf- und frontalen Arbeiten. Inzwischen findet MATE auch Anwendung auf Baustellen, z. B. im Innenausbau oder beim Einbau technischer Anlagen. Comau arbeitet mit verschiedenen Partnern daran, das System an die raueren Bedingungen des Baualltags weiter anzupassen.

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Exoskelette in der Baupraxis: Pilotprojekte & Erfahrungen

Zwar stehen viele Projekte noch am Anfang, doch gibt es bereits konkrete Anwendungen und Pilotprojekte, in denen Exoskelette auf Baustellen erprobt oder genutzt werden. Einige Beispiele aus der Praxis:

Xella (Baustoffindustrie)

Der Baustoffhersteller Xella hat den Einsatz von Exoskeletten in mehreren Ländern getestet (siehe news.xella.com). In Deutschland startete Xella 2021/22 zusammen mit German Bionic einen Pilotversuch für Exoskelette auf der Baustelle (siehe deren LinkedIn Post dazu). Mitarbeitende, die z.B. Gasbeton-Steine versetzten, trugen das aktive Cray-X-Exoskelett, um ihren Rücken zu entlasten. Ziel war herauszufinden, welche Möglichkeiten die Technologie bietet und ob sie unter Baustellenbedingungen zuverlässig funktioniert. Erste Erkenntnis: Durch die Entlastung des Rückens beim Heben wird die Arbeit angenehmer, Fehlhaltungen werden vermieden und die Leistung der Mitarbeiter bleibt über den Tag konstanter.

HENZ Bauausführung (Bauunternehmen)

Die deutsche Baufirma HENZ Bau hat 2025 das neue Exoskelett Exia von German Bionic in den Arbeitsalltag integriert (siehe hier). Exia ist ein aktives Gerät, das pro Hebebewegung bis zu 38 kg unterstützt und speziell für raue Baustellenumgebungen ausgelegt ist. Laut Mustafa Durmaz, Geschäftsführer von HENZ, trägt der Einsatz dazu bei, die Mitarbeitenden fit und gesund zu halten, was sich bereits in einem Rückgang der Krankentage widerspiegelt (siehe hier). Die Kollegen schätzen es außerdem, dass der Arbeitgeber in ihre Sicherheit investiert und modernstes Equipment bereitstellt. Dieses Beispiel zeigt, dass Exoskelette in der Tat im Baugewerbe eingesetzt werden und dort sowohl gesundheitliche als auch motivatorische Wirkung entfalten.

Implenia (Baukonzern)

Der Schweizer Baukonzern Implenia testete bereits 2019 zwei Exoskelette bei einem Bauprojekt in Basel (siehe hier). Ziel war es herauszufinden, ob sich die aus der Automobilindustrie bekannten Überkopf-Exos auch im Hochbau eignen. Die Testergebnisse waren gemischt: Für Arbeiten mit dauerhaft erhobenem Arm (über ~60°) erwiesen sich die Exoskelette als hilfreich – z.B. beim Deckenschleifen oder Bohren über Kopf. Allerdings fielen auf der konkreten Baustelle wenig solche Tätigkeiten an; Hauptaufgabe war das Versetzen von Schwerlaststützen, wo das Exoskelett weniger Vorteil brachte. Nach zwei Wochen fiel das Fazit differenziert aus: Eine generelle Empfehlung gab Implenia nicht, aber je nach Art der Tätigkeit könne der Einsatz sinnvoll sein. Wichtig war die Rückmeldung der Arbeitnehmenden per Fragebogen, die zeigten, dass Komfort und Passung entscheidend wäre. Implenia hat dennoch in verschiedenen Unternehmensbereichen Interesse geweckt und könnte Exoskelette für passende Anwendungen weiter erproben.

Weitere Praxis-Eindrücke

Auch kleinere Betriebe und Handwerker machen bereits Erfahrungen mit Exoskeletten. Als Beispiel ein Videobericht, in dem vor knapp drei Jahren ein Betrieb das HAPO-Exoskelett (ein passives Rücken- und Schulter-Exos) auf einer Baustelle getestet hat.

Aus einem Bericht der Deustchen Handwerkszeitung im Mai 2025 geht hervor, dass Bauhandwerker durchaus bestätigen, dass Überkopfarbeiten mit Exoskelett deutlich weniger anstrengend sind und Rückenbeschwerden nachlassen. Allerdings wird auch deutlich: Nicht jede Tätigkeit eignet sich – bei sehr abwechslungsreichen Aufgaben kann ein Exoskelett auch eher hinderlich sein, wenn es z.B. beim Klettern auf Gerüsten stört. Hier müssen Prozesse teils angepasst werden. Dennoch werden Exoskelette zunehmend als vielversprechende Bereicherung wahrgenommen und finden ihren Weg in die Baustellenpraxis, meist zunächst in Form von Pilotprojekten oder durch Miete/Leihe zum Testen.

Und nun?

Der Überblick über führende Exoskelette-Hersteller für die Baustelle zeigt: Exoskelette sind längst keine Zukunftsmusik mehr – sie kommen auf Baustellen an. Die Vielfalt der Produkte wächst – und mit ihr die Chancen für die Bauwirtschaft. Ob aktiv oder passiv, elektrisch oder mechanisch, für Rücken, Schultern oder Ganzkörperunterstützung: Für nahezu jeden Einsatzbereich gibt es passende Lösungen. Die gezeigten Pilotprojekte beweisen: Exoskelette können schon heute effektiv eingesetzt werden, wenn sie sorgfältig ausgewählt, angepasst und akzeptiert sind. Und in dem Kontext ist eines besonders relevant: Technik allein reicht nicht aus! Entscheidend wird sein, wie sich diese Technologien in bestehende Arbeitsprozesse integrieren lassen – und ob sich ihr Nutzen langfristig bewährt.

Im letzten Teil dieser Serie werfen wir einen Blick in die Zukunft: Welche Entwicklungen stehen bevor? Wie verändern sich Exoskelette durch KI, Sensorik, Energiesysteme und neue Materialien?

Noch mehr zum Thema Exoskelette im Bauwesen finden Sie in der Beitragsserie Exoskelette im Bauwesen: Von der Vision zur Realität.

Schlagwörter: Exoskelette, Bauwesen, digitale Transformation, Robotik, Zukunft der Arbeit, ergonomisches Arbeiten, Baustelle der Zukunft, tragbare Robotik, technische Assistenzsysteme, Innovation

Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2025). Exoskelette für die Baustelle: Hersteller & Praxisbeispiele [Blog-Beitrag]. 24.07.2025. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar

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