Digitale Transformation – Ein alter Hut?

Digitale Transformation wird oft als das Nonplusultra modernen Fortschritts gefeiert. Als die ultimative Eintrittskarte in eine bessere Zukunft – effizienter, grüner, sozialer, ohne Gedanken an Mindestlohn oder andere Verpflichtungen.

In meiner Arbeit in verschiedenen Gremien wird oft über neue Ansätze und damit verbundene neue Fähigkeiten und Fertigkeiten diskutiert. Und nicht all zu selten fällt dann auf, dass zum Beispiel bestimmte Fähigkeiten, die wir für die digitale Transformation als notwendig erachten, eigentlich auch ohne digitale Tools oder Prozesse vorhanden sein sollten.

In diesem Beitrag möchte ich diesen Aspekt der digitalen Transformation einmal näher beleuchten. Und das nicht nur mit einem Blick in unsere jüngste Vergangenheit. Wir schauen noch weiter zurück – und zwar in die griechische Antike. Sie werden sehen, dass viele der Grundprinzipien, die uns heute antreiben, keineswegs neu sind. Vielmehr handelt es sich oftmals um die Wiederaufbereitung alter Ideen und Konzepte, die lediglich mit neuer Technologie weiterentwickelt und umgesetzt werden. Ist die digitale Transformation also wirklich ein revolutionärer Wandel, oder doch nur ein alter Hut in neuem Gewand? Lassen Sie uns einen kritischen Blick darauf werfen.

1. Streben nach Perfektion: Digitale Transformation mit alten Zielen in neuer Verpackung?

Schon die antiken Griechen strebten nach Perfektion in ihrer Bauweise. Gebäude wie der Parthenon in Athen verkörpern das Ideal der Symmetrie und Ästhetik. In der heutigen digitalen Welt wird dieses Ziel in vielerlei Hinsicht ebenso angestrebt. Ob es in der Planung oder der Umsetzung von Bauwerken ist. Oder auch bei der Entwicklung und der Optimierung von benutzerfreundlicher Software und makellosen Benutzeroberflächen. Der Drang nach Perfektion und Harmonie ist also keineswegs neu – er zeigt sich lediglich in einer anderen Form.

Die antike griechische Architektur zeichnete sich durch die Anwendung präziser mathematischer Prinzipien aus, um ästhetische Perfektion zu erreichen. Nehmen wir als Beispiel den oben erwähnten Parthenon, der im 5. Jahrhundert v. Chr. erbaut wurde. Seine Proportionen basieren auf dem Goldenen Schnitt, einem mathematischen Verhältnis, das als besonders harmonisch empfunden wird. Die antiken Griechen nutzten auch optische Tricks wie die leichte Wölbung des Stylobats (der Basis des Tempels) und die subtile Kurvatur der Säulen, um visuelle Verzerrungen zu korrigieren und das Gebäude noch beeindruckender wirken zu lassen.

In der modernen digitalen Transformation zeigt sich dieses Streben nach Perfektion zum Beispiel in der Entwicklung benutzerzentrierter Designprinzipien. Ein immer wieder von mir gerne genommenes Beispiel ist Apple. Die Produkte von Apple sind nicht umsonst für ihr minimalistisches und intuitives Design bekannt. Und das vor allem wegen Steve Jobs. Jobs, der Mitbegründer von Apple, legte großen Wert auf die Ästhetik und Benutzerfreundlichkeit seiner Produkte. Das iPhone, eingeführt im Jahr 2007, revolutionierte den Markt für Mobiltelefone durch sein elegantes Design und seine intuitive Benutzeroberfläche. Die perfekte Symbiose von Form und Funktion, die Steve Jobs bei Apple-Produkten angestrebt hatte, spiegelt auch das antike griechische Ideal der ästhetischen Perfektion wider. Was Steve Jobs mit Doublas C. Engelbart verbindet erfahren Sie in diesem Beitrag.

Ein weiteres Beispiel für das Streben nach Perfektion in der digitalen Welt ist die kontinuierliche Weiterentwicklung von Microsoft Teams. Ursprünglich als einfache Kommunikationsplattform gestartet, hat sich Teams in den letzten Jahren zu einem umfassenden Tool für die Zusammenarbeit entwickelt. Microsoft arbeitet kontinuierlich daran, das Benutzererlebnis zu optimieren, indem es Funktionen wie nahtlose Integration von Drittanbieter-Apps, erweiterte Sicherheitsprotokolle und künstliche Intelligenz für Aufgaben wie automatische Transkriptionen hinzufügt. Diese ständige Verfeinerung ähnelt dem Streben nach architektonischer Perfektion in der Antike.

2. Innovation: Neuer Geist durch digitale Transformation?

Die antiken Griechen waren Meister der Innovation, mit teilweise bahnbrechenden Entwicklungen in der Bau- und Vermessungstechnik. In der Antike entwickelten die Griechen zahlreiche technische Innovationen, die den Bau komplexer Strukturen ermöglichten. Ein Beispiel ist die Erfindung des Kranes im späten 6. Jahrhundert v. Chr., welcher den Bau schwerer Steingebäude um ein vielfahces erleichterte bzw. erst ermöglichte. Der griechische Erfinder und Konstrukteur Philo von Byzanz beschrieb detailliert verschiedene Hebezeuge, welche für den Bau eingesetzt wurden. Diese Erfindungen ermöglichten es den antiken Griechen, massive Bauprojekte wie den Parthenon umzusetzen.

Ein weiteres Beispiel für griechische Innovation ist die Verwendung von hydraulischen Techniken. Der griechische Mathematiker und Ingenieur Heron von Alexandria ist vor allem bekannt für seine Ausführungen zu automatischen, teilweise sogar schon programmierbaren Geräten und zur Ausnutzung von Wasser, Luft und Hitze als treibende Kraft. Er erfand zahlreiche hydraulische Geräte, darunter die erste bekannte Dampfmaschine, den sogenannten Heronsball. Diese Erfindungen zeigen das tiefe Verständnis der Mechanik und den unermüdlichen Innovationsdrang.

Die antiken Griechen entwickelten auch das Katapult, ein fortschrittliches Belagerungsgerät, das zu deren Zeit revolutionär war. Das Katapult nutzte Spannung oder Gegengewichte, um Geschosse mit großer Kraft und Präzision abzufeuern. Diese Technologie wurde später weiterentwickelt und von vielen Kulturen übernommen.

In der heutigen digitalen Welt zeigt sich der Innovationsgeist in der Entwicklung neuer, teils disruptiver Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI). KI-Systeme, die in der Lage sind, menschenähnliche Texte zu generieren, wandeln zahlreiche Branchen. Unternehmen wie OpenAI treiben die Forschung in diesem Bereich voran und entwickeln Modelle, die in der Medizin, im Kundenservice, im Marketing und in vielen anderen Bereichen eingesetzt werden können. Selbst heute noch begegnen uns immer wieder Menschen, die scheinbar den innovativen Geist der antiken Griechen in den Genen tragen. Als Beispiel der aktuelle Nobelpreis für Chemie, der dieses Jahr an Demosthenes „Demis“ Hassabis gemeinsam mit John M. Jumper ging. Hassabis ist KI-Forscher griechischen Ursprungs und Mitgründer von DeepMind Technologies.

Ein weiteres Beispiel für moderne Innovation ist die Blockchain-Technologie. Diese dezentralisierte Datenbanktechnologie, die als Grundlage für Kryptowährungen wie Bitcoin dient, hat das Potenzial, zahlreiche Branchen massiv umzugestalten. Die Blockchain ermöglicht sichere und transparente Transaktionen ohne die Notwendigkeit einer zentralen Autorität, was sie besonders attraktiv für den Finanzsektor macht. Die Einführung von Smart Contracts auf Blockchain-Basis, wie sie von Plattformen wie Ethereum ermöglicht wird, erweitert die Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie erheblich. In welchem Zusammenhang Blockchain mit der Immobilienfinanzierung steht lesen Sie in diesem Beitrag.

Es zeigt sich, dass technologischer Fortschritt kein neues Phänomen ist. Vielmehr setzt die digitale Transformation eine lange Tradition menschlicher Erfindungskraft fort, denn sie sind das Ergebnis intensiver Forschung und Entwicklung. Die Motivation dahinter ist Neugierde und das Streben nach Verbesserung – genauso, wie es bei den technischen Innovationen der antiken Griechen war. Wenn wir das so betrachten, relativiert das den oft propagierten revolutionären Charakter der Digitalisierung. Innovation und Wandel waren schon immer da. Damit ist technologischer Fortschritt mehr als kontinuierlicher Prozess zu verstehen bei dem sich nur der Weg und die Mittel verändern.

3. Langlebigkeit und Nachhaltigkeit: Altes Wissen neu entdeckt in der digitalen Transformation?

Die antiken griechischen Bauwerke sind für ihre Langlebigkeit bekannt und dienen als Vorbild für moderne nachhaltige Technologien. Die Prinzipien der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz, die heute in der digitalen Transformation hochgehalten werden, haben zum Teil ihre Wurzeln auch in diesen alten Bauweisen.

Griechische Bauwerke wie der Tempel des Hephaistos in Athen, der etwa 450 v. Chr. erbaut wurde, sind bemerkenswerte Beispiele für die Langlebigkeit antiker Architektur. Diese Strukturen wurden aus lokal verfügbaren Materialien wie Marmor und Kalkstein errichtet und haben Jahrtausende überdauert. Die antiken Griechen legten großen Wert auf die Qualität der Baumaterialien und die Präzision der Bauweise, um die Langlebigkeit ihrer Gebäude zu gewährleisten. Diese Prinzipien sind heute relevanter denn je.

Ein weiteres Beispiel für die Langlebigkeit griechischer Bauwerke ist das Erechtheion auf der Akropolis von Athen, das für seine architektonische Komplexität und die berühmten Karyatiden (weibliche Figuren als Säulen) bekannt ist. Dieses Bauwerk zeigt nicht nur technische Raffinesse, sondern auch eine Bauweise, die auf beständigen Materialien und sorgfältiger Konstruktion basiert.

Richten wir den Blick auf die heutige Zeit, so ist ein aktuelles Beispiel für nachhaltige Innovation die Entwicklung von Elektrofahrzeugen. Unternehmen wie Tesla haben den Markt für Elektrofahrzeuge revolutioniert, indem sie Fahrzeuge entwickelt haben, die nicht nur leistungsfähig und ästhetisch ansprechend sind, sondern auch eine geringere Umweltbelastung aufweisen als herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (zugegeben, es mag darauf ankommen wie man rechnet – aber das ist ein anderes Thema). Weiterem zum Stand und den Perspektiven der Elektromobilität lesen Sie in diesem Beitrag. Ähnlich der kontinuierlichen Verbesserung antiker Bauweisen werden die Batterietechnologie und die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ständig weiterentwickelt, um die Reichweite und die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Technologischer Fortschritt ist eben ein kontinuierlicher Prozess (siehe Kapitel zuvor).

In der modernen digitalen Transformation spiegelt sich das Streben nach Nachhaltigkeit auch in der Entwicklung energieeffizienter Technologien, umweltfreundlicher Produkte und Produktionsmethoden wider. Ein Beispiel ist die Einführung von Rechenzentren, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Unternehmen wie Google und Microsoft haben sich verpflichtet, ihre Rechenzentren vollständig mit erneuerbarer Energie zu betreiben, um ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren (siehe z.B. bei Google und bei Microsoft).

Anhand der Beispiele sehen wir, dass die aktuellen Bemühungen um Nachhaltigkeit das antike Streben nach langlebiger Bauweise zum Teil widerspiegeln. Der Unterschied ist jedoch, dass aktuell der Fokus mehr auf der Reduzierung der Umweltbelastung durch moderne Technologien gelegt wird. Zudem spielt die soziale Dimension der Nachhaltigkeit eine größere Rolle als in der Antike – was sehr zu begrüßen ist!

4. Gesellschaftlicher Einfluss: Digitale Transformation mit alten Mustern in neuer Form?

Die antiken Griechen nutzten ihre Bauwerke als soziale und kulturelle Zentren, ähnlich wie heute digitale Plattformen die sozialen Strukturen prägen. Die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, welche durch die Digitalisierung ausgelöst werden, sind also nicht beispiellos. Vielmehr spiegeln sie altbekannte Muster wider, die bereits in der Antike ihre Wirkung entfalteten. Das wirft auch wieder die Frage auf, ob die digitale Transformation wirklich so revolutionär ist, wie oft behauptet wird, oder ob sie lediglich alte Konzepte in die digitale Welt überträgt.

In der antiken griechischen Gesellschaft spielten Bauwerke wie Theater eine zentrale Rolle im sozialen und kulturellen Leben. Das Theater von Epidaurus ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung öffentlicher Gebäude. Es bot Platz für bis zu 14.000 Zuschauerinnen und Zuschauer und war ein Zentrum kultureller Veranstaltungen und gesellschaftlicher Zusammenkünfte. Diese Bauwerke förderten den sozialen Austausch und die kulturelle Entwicklung und waren integraler Bestandteil des öffentlichen Lebens.

Einen großen gesellschaftlichen Einfluss hatte auch die Agora als der zentrale Fest-, Versammlungs- und Marktplatz einer Stadt. Diese war nicht nur ein Marktplatz, sondern auch ein Ort für politische Versammlungen, soziale Interaktionen und kulturelle Veranstaltungen. Hier diskutierten Bürger über wichtige Themen, trafen politische Entscheidungen und tauschten Ideen aus. Die Agora diente als Zentrum des öffentlichen Lebens und war ein Schmelztiegel für verschiedene Aspekte der griechischen Gesellschaft.

Moderne digitale Plattformen wie z.B. Facebook, X (ehem. Twitter), LinkedIn und Instagram übernehmen heute eine ähnliche Rolle, indem sie als soziale und kulturelle Zentren fungieren. Plattformen wie Reddit und Quora bieten beispielsweise Räume für Diskussionen und den Austausch von Ideen und Wissen. Sie führen bei mir aber auch regelmäßig zum Schmunzeln bis zur großen Verwunderung bei so manchen Fragen oder auch Antworten. Unabhängig davon ermöglichen diese Plattformen allen Menschen, unabhängig von ihrem geografischen Standort, miteinander zu kommunizieren, sich auszutauschen und – bei regelmäßiger Nutzung – Gemeinschaften zu bilden. Während die physischen Räume der Antike auf lokale Gemeinschaften beschränkt waren, ermöglichen digitale Plattformen eine globale Vernetzung. Diese Veränderung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die sozialen Strukturen und Interaktionen, was am Ende auch das kulturelle Leben beeinflusst.

Ein weiteres Beispiel für den gesellschaftlichen Einfluss der digitalen Transformation ist die Verbreitung von Online-Marktplätzen wie Amazon und eBay. Sozusagen die moderne Form der antiken Agora. Diese Plattformen haben die Art und Weise, wie wir einkaufen und Handel treiben, stark verändert. Sie bieten nicht nur Zugang zu einer globalen Produktpalette, sondern haben auch neue Geschäftsmodelle und Arbeitsplätze geschaffen. Und – wir müssen ehrlich sein – auch neue Formen der Kriminalität. Die Online-Marktplätze spiegeln das antike Muster der Agora wider, welche das wirtschaftliche und soziale Leben in der Antike prägte, jedoch mit dem Unterschied, dass digitale Plattformen eine viel größere Reichweite und Effizienz ermöglichen.

5. Bildung und Wissensverbreitung: Alter Wein in neuen Schläuchen?

Bildung und Wissensverbreitung waren zentrale Elemente der griechischen Gesellschaft und finden heute ihr Pendant in Online-Lernplattformen und digitalen Bibliotheken. Auch hier zeigt sich, dass die digitale Transformation altbewährte Konzepte in eine neue Form überführt. Die Demokratisierung des Wissens und der Zugang zu Bildung sind keine neuen Errungenschaften, sondern eine Fortführung antiker Traditionen.

In der antiken griechischen Gesellschaft spielten Bildung und Wissen eine wichtige Rolle. Philosophen wie Sokrates, Platon und Aristoteles lehrten in den Akademien und Lyzeen von Athen, und ihre Werke bilden bis heute die Grundlage westlicher Philosophie und Wissenschaft. Diese Institutionen förderten den freien Austausch von Ideen und die Entwicklung von Wissen. Die Bibliothek von Alexandria, gegründet im 3. Jahrhundert v. Chr., war ein weiteres Beispiel für das Streben nach Wissensansammlung und -verbreitung. Sie beherbergte Hunderttausende von Schriftrollen und war ein Zentrum des intellektuellen Austauschs. Demgegnüber muss jedoch zugegeben werden, dass dieses Wissen und insbesondere der Zugang zu diesem sowohl regional als auch sozial eingeschränkt war und demnach nicht allen überall zur Verfügung stand.

Die moderne digitale Transformation hat die Art und Weise, wie Wissen verbreitet und erlernt wird, grundlegend verändert. Plattformen wie Khan Academy, Coursera und edX bieten Zugang zu teilweise hochwertigen Bildungsinhalten von führenden Universitäten und Experten weltweit. Diese Plattformen demokratisieren den Zugang zu Bildung und ermöglichen es Menschen, unabhängig von ihrem geografischen Standort oder ihrer finanziellen Situation, Wissen zu erwerben. Das erinnert an die antiken Bibliotheken und Lehrinstitutionen, jedoch mit dem Unterschied, dass digitale Plattformen eine weitaus größere Reichweite und Zugänglichkeit bieten.

Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung von Wikis und Open-Source-Wissensdatenbanken. Wikipedia, die freie Enzyklopädie, hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 2001 zu einer der größten und umfassendsten Wissensquellen der Welt entwickelt. Sie ermöglicht es Benutzerinnen und Benutzern, Informationen zu nahezu jedem erdenklichen Thema zu finden und selbst Beiträge zu erstellen, welche von einer Schar freiwilliger (ehrenamitlicher!) Redakteure geprüft werden. Dank geht raus an all diese tollen Menschen, die sich die Zeit nehmen, die Qualität der Wikipedia zu sichern! Diese kollaborative Wissensplattform spiegelt das antike Prinzip des gemeinsamen Lernens und Wissensaustauschs wider, jedoch in einem globalen und umfassenderen Maßstab.

Die Digitalisierung hat auch die wissenschaftliche Forschung weiterentwickelt. Online-Datenbanken und elektronische Zeitschriften ermöglichen den schnellen Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Publikationen. Plattformen wie Google Scholar und ResearchGate vernetzen Forscherinnen und Forscher weltweit. Damit fördern sie den Austausch von Ideen und Zusammenarbeit über Disziplinen und Grenzen hinweg. Diese Entwicklungen haben die Art und Weise, wie Forschung betrieben und Wissen verbreitet wird, massiv verändert und weiterentwickelt.

In der heutigen Zeit hat das Internet eine sehr wesentliche Rolle übernommen, indem es als globale Plattform für den Austausch von Wissen und Ideen dient. Massive Open Online Courses (MOOCs) bieten Menschen weltweit Zugang zu Hochschulbildung und ermöglichen es ihnen, Kurse von renommierten Universitäten wie Harvard und MIT zu belegen. Diese Entwicklung zeigt, wie die digitale Transformation alte Bildungstraditionen in neuer Form fortführt und erweitert.

6. Anpassungsfähigkeit und Fortschritt: Digitale Transformation mit altbekannten Tugenden?

Die Fähigkeit zur Anpassung und ständigen Weiterentwicklung war bereits in der Antike präsent. Die digitale Transformation setzt dieses Prinzip fort und wird oft als Inbegriff von Flexibilität und Fortschritt gefeiert. Doch auch hier zeigt sich, dass diese Tugenden keine modernen Erfindungen sind, sondern tief in der Menschheitsgeschichte verwurzelt sind.

Die Griechen waren bekannt für ihre Fähigkeit, sich an neue Herausforderungen und technologische Entwicklungen anzupassen. Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung des Theaters, das sich aus einfachen Aufführungsplätzen zu komplexen, akustisch ausgeklügelten Bauwerken entwickelte. Besonders bekannt ist das Theater von Epidaurus, welches für seine außergewöhnliche Akustik bekannt ist. Die antiken Griechen verstanden es, die Sitzreihen und die Struktur des Theaters so zu gestalten, dass selbst leise Geräusche auf der Bühne in den oberen Rängen klar und deutlich hörbar waren. Diese Aufmerksamkeit für Details und die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse spiegeln das Streben nach Fortschritt wider, das auch in der modernen digitalen Welt zu finden ist.

Ein weiteres Beispiel für den Fortschritt ist die Entwicklung des Antikythera-Mechanismus, ein komplexes mechanisches Gerät, das um 100 v. Chr. entwickelt wurde und als der älteste bekannte analoge Computer gilt. Der Mechanismus wurde verwendet, um astronomische Positionen und Ereignisse zu berechnen. Diese Erfindung zeigt das hohe Maß an technischem Wissen und Innovationskraft, das in der antiken griechischen Gesellschaft vorhanden war.

In der heutigen digitalen Welt spiegelt sich dieser Fortschritt in der Entwicklung von Quantencomputern wider. Quantencomputer, die auf den Prinzipien der Quantenmechanik basieren, haben das Potenzial, Berechnungen durchzuführen, die für herkömmliche Computer unmöglich sind. Unternehmen wie IBM und Google investieren stark in die Forschung und Entwicklung von Quantencomputern, um diese Technologie zur Reife zu bringen. Diese Entwicklungen zeigen, wie die digitale Transformation die Innovationskraft der Menschheit weiter vorantreibt.

In der modernen digitalen Transformation ist Anpassungsfähigkeit ein zentraler Erfolgsfaktor. Unternehmen wie Netflix haben ihre Geschäftsmodelle radikal verändert, um den sich wandelnden Marktbedingungen gerecht zu werden. Netflix begann als DVD-Verleihservice per Post, erkannte jedoch frühzeitig das Potenzial des Streamings und verlagerte seinen Schwerpunkt auf digitale Inhalte. Diese Fähigkeit zur schnellen Anpassung an technologische Veränderungen hat Netflix zu einem der führenden Anbieter von Streaming-Diensten weltweit gemacht.

Solche kontinuierlichen Weiterentwicklungen und Anpassungen an neue Anforderungen zeigen, wie wichtig Anpassungsfähigkeit und Innovation auch in der digitalen Transformation sind.

Was ist jetzt tatsächlich neu?

Trotz diverser Parallelen gibt es Aspekte der digitalen Transformation, die sich fundamental von der Antike unterscheiden. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Vernetzung sind beispiellos. In der digitalen Welt sind Informationen und Kommunikation praktisch in Echtzeit weltweit verfügbar, was die Art und Weise, wie wir arbeiten, lernen und interagieren, radikal verändert hat. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen ermöglichen eine Automatisierung und Datenanalyse in einem Umfang, die (natürlich) in der Antike unvorstellbar gewesen wäre.

Ein Beispiel ist die Anwendung von Building Information Modeling (BIM). BIM ermöglicht es, digitale Darstellungen der physischen und funktionalen Merkmale eines Bauwerks zu erstellen und diese Informationen über den gesamten Lebenszyklus des Projekts für eine Vielzahl von Aktueren zu nutzen. Diese Methode verbessert die Planungsgenauigkeit, reduziert Fehler und optimiert die Ressourcennutzung, was letztlich zu einer effizienteren Bauweise führt. Solche präzisen und umfassenden digitalen Modelle wären in der antiken Welt unvorstellbar gewesen. Weitere Beiträge zur Methode BIM finden Sie hier.

Ein anderes Beispiel ist die Nutzung von Drohnen und 3D-Druck im Bauwesen. Drohnen werden für die Vermessung und Überwachung von Baustellen verwendet, was eine schnellere und genauere Datenerfassung ermöglicht. 3D-Druck-Technologien ermöglichen die Erstellung komplexer Bauteile direkt auf der Baustelle, was die Bauzeit verkürzt und die Materialverschwendung reduziert. Diese Technologien stellen einen radikalen Wandel im Bauwesen dar und bieten Möglichkeiten, die weit über die Fähigkeiten antiker Bauweisen hinausgehen. Interessiert am 3D-Druck? Dann lesen Sie diese Beiträge.

Darüber hinaus ermöglicht die digitale Transformation eine beispiellose Personalisierung und Anpassungsfähigkeit. Produkte und Dienstleistungen können individuell auf die Bedürfnisse einzelner Nutzerinnen und Nutzer zugeschnitten werden, was eine neue Dimension der Benutzerfreundlichkeit und Effizienz eröffnet. In der Bauwirtschaft zeigt sich das zum Beispiel in der Entwicklung von Smart Buildings. Diese Gebäude sind mit IoT-Technologien (Internet of Things) ausgestattet, die beispielswseise eine intelligente Steuerung von Energie, Beleuchtung, Sicherheit und Klima ermöglichen. Solche Gebäude passen sich dynamisch an die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner an und bieten dadurch erhöhten Komfort und gesteigerte Energieeffizienz.

Doch was ich persönlich besonders bemerkenswert finde ist die Tatsache, dass die digitale Transformation das Wissen und die Technologie demokratisiert. Während in der Antike Wissen oft auf eine privilegierte Elite beschränkt war, ermöglicht die digitale Transformation einen breiten Zugang zu Informationen und Bildung. Online-Plattformen und Open-Source-Software machen es Menschen einfacher denn je, auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben, sich weiterzubilden und innovative Lösungen zu entdecken und auch neu zu entwickeln. Diese Demokratisierung fördert eine inklusivere und gerechtere Gesellschaft, in der mehr Menschen die Möglichkeit haben, an den Vorteilen technologischer Fortschritte teilzuhaben. Bedingt aber auch einen reflektierteren und verantwortungsvolleren Umgang mit den dargebotenen Informationen.

Exkurs: Vorsicht vor Deek Fakes

Wer mich kennt, weiß, dass ich zwar grundsätzlich positiv eingestellt bin, aber auch nicht vergesse die andere Seite im Blick zu behalten. Wir sprechen hier von digitaler Transformation und deshalb ist es unvermeidbar – wenn nicht sogar eine Verpflichtung – Sie hier auch mit einem immer größer werdenden Problem zu konfrontieren: Deep Fakes

Deep Fakes sind mit Hilfe von KI manipulierte Videos oder Bilder. Sie stellen eine immer größere Bedrohung für die Integrität von Informationen und unsere Privatsphäre dar. Während die KI-Technologie faszinierende kreative Möglichkeiten eröffnet, wird sie aber auch zunehmend für andere – zum Teil sogar böswillige – Zwecke eingesetzt.

Ich gebe zu, dass das eine oder andere Video, in dem beispielsweise Frau Merkel mir erzählt, dass ich ruhig ein lecker Bierchen trinken kann, schon recht amüsant sein mag. Es ist dabei für mich auch klar ersichtlich, dass es ein Deep Fake zum Zweck der Unterhaltung ist. Aber bei anderen Gelegenheiten ist es eben nicht so ersichtlich bzw. soll es auch nicht so ersichtlich sein. Etwa zur Verbreitung von Fehlinformationen, politischer Propaganda oder der Schädigung des Ansehens von Einzelpersonen.

Die Konsequenz ist, dass das Vertrauen in digitale Quellen durch Deep Fakes zunehmend untergraben wird, da es immer schwieriger wird, zwischen echten und manipulierten Inhalten zu unterscheiden. Trotz des Nutzens in Bereichen wie Film und Unterhaltung ist das Missbrauchspotential von Deep Fakes alarmierend. Nun könnte man regulatorische und technologische Maßnahmen fordern, um die Verbreitung von Deep Fakes zu kontrollieren oder gar zu unterbinden. Beispielsweise sollen alle mit der Deepfake-Technologie erstellten Materialien als solche gekennzeichnet werden. Was sicherlich jeder macht, der etwas böses im Schilde führt [Ironie aus]. Wichtger als Regulierung ist meiner Ansicht nach die Förderung einer kritischen Medienkompetenz bei allen Nutzerinnen und Nutzern. Und das unabhängig vom Alter.

Und nun?

Ein kritischer Blick auf die digitale Transformation zeigt, dass viele ihrer gefeierten Errungenschaften und Prinzipien keineswegs alle neu sind. Vielmehr handelt es sich um eine Wiederaufbereitung und Weiterentwicklung alter Ideen und Konzepte, die bereits in der griechischen Antike bereits angelegt waren. Das relativiert zum Teil den oft propagierten revolutionären Charakter der Digitalisierung. Die digitale Transformation mag neue Technologien und Methoden nutzen, doch die dahinterstehenden Prinzipien und Ideen sind oftmals so alt wie die Menschheit selbst.

Zusammengefasst bietet die digitale Transformation zwar viele alte Ideen in neuem Gewand, doch die Geschwindigkeit, Reichweite und personalisierte Natur dieser Transformation sind wirklich neu und revolutionär im Vergleich zur griechischen Antiken. Die digitale Welt bringt uns näher zusammen, ermöglicht schnellere und genauere Entscheidungen und bietet eine Plattform für unzählige neue Möglichkeiten, die in der Antike undenkbar gewesen wären.

Für Fachleute aus der Bau- und Immobilienwirtschaft und an Bau interessierte Menschen bedeutet das, dass es sehr relevant ist, die neuen Technologien und Methoden zu verstehen und zu nutzen. Während die Lehren aus der Antike weiterhin wertvolle Erkenntnisse und Inspiration bieten, ist es die digitale Transformation, die die Zukunft unserer Branche prägen wird.

Deshalb sollten Sie sich aktiv mit den neuesten Entwicklungen in Bereichen wie BIM, 3D-Druck, Smart Buildings, KI und IoT auseinandersetzen. Nutzen Sie die verfügbaren digitalen Ressourcen, um Ihr Wissen zu erweitern und Ihre Fähigkeiten zu verbessern. Die Digitalisierung eröffnet Ihnen nicht nur neue Wege der Effizienz und Präzision, sondern auch die Möglichkeit, nachhaltigere und lebenswertere Bauwerke zu schaffen.

Machen Sie sich die alten Prinzipien zu eigen und kombinieren Sie diese mit den revolutionären Möglichkeiten der digitalen Transformation. So können Sie nicht nur die Qualität und Langlebigkeit Ihrer Projekte verbessern, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur Zukunft der Bau- und Immobilienwirtschaft leisten. Bleiben Sie neugierig, bleiben Sie innovativ und gestalten Sie die Zukunft mit. Und warum? Weil es besser ist für alle? Ich sag es ganz einfach: Weil es einfach Spaß macht!

Schlagwörter: Künstliche Intelligenz, Nachhaltigkeit, Smart Buildings, Digitale Plattformen, Innovation im Bauwesen, Blockchain, Automatisierung, Antike, Griechenland, gesellschaftlicher Wandel

Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2024). Digitale Transformation – Ein alter Hut? [Blog-Beitrag]. 18.10.2024. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar