SARC – Solarbetriebene adaptive Kühlbeschichtung für Gebäude

Die Bauwirtschaft steht zunehmend vor der Herausforderung, den Energieverbrauch zu senken und nachhaltige Bauweisen zu fördern (siehe auch den Beitrag Ökologischer Fußabdruck der Bauwirtschaft: 7 Wege zur Minimierung). In einem kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel wird eine neue Technologie für Gebäude vorgestellt: eine solarbetriebene adaptive radiative Kühlbeschichtung (Solar-driven Adaptive Radiative Cooling, kurz SARC – mehr dazu in Gong et al., 2024). Diese innovative Lösung basiert auf der Verwendung von Kohlenstoffdots (CDs). Entwickelt an der Hong Kong Polytechnic University, bietet die SARC-Beschichtung eine verbesserte Solarreflexion. Einfach ausgedrückt wandelt sie absorbierte Sonnenenergie in Licht um, was eine effiziente Kühlung von Gebäudefassaden ermöglicht. Diese Technologie soll den Bedarf an Klimaanlagen reduzieren, indem sie eine dynamische Anpassung der Kühlleistung bietet – klingt also perfekt für „smarte“ urbane Gebäudehüllen.

Wie funktioniert die SARC-Beschichtung?

Das Prinzip der SARC-Beschichtung basiert auf passiver Strahlungskühlung. Die SARC-Beschichtung kombiniert Kohlenstoffdots (CDs) mit Smart Cooling Beads (SCBs), die eine hydrophile Oberfläche besitzen und leicht in wässrigen Lösungen dispergiert werden können.

Was sind Kohenstoffdots (CD)?

Kohlenstoffdots (CDs) sind winzige Nanopartikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 Nanometern. Sie zeichnen sich durch ihre fluoreszierenden Eigenschaften aus. Das bedeutet, dass sie absorbiertes Licht in eine andere Form, meist in sichtbares Licht, umwandeln können. CDs haben eine hohe Photostabilität, sind ungiftig und biologisch abbaubar, was sie für eine Vielzahl von Anwendungen attraktiv macht, z. B. in der Biomedizin, Sensorik und der solaren Kühlung. In der SARC-Beschichtung unterstützen sie die Umwandlung von Sonnenenergie in Licht, um Wärmeabgabe zu minimieren.

Was sind Smart Cooling Beads (SCBs)?

SCBs sind Glaskugeln, die mit den Kohlenstoffdots beschichtet sind. Diese winzigen Beads ermöglichen eine gleichmäßige Verteilung der photolumineszenten CDs, was die Kühlleistung der Beschichtung verbessert. Durch die hydrophile Oberfläche lassen sich die SCBs in wässrigen Lösungen leicht anwenden, was eine großflächige Anwendung in urbanen Bauprojekten erleichtert.

Die Kohlenstoffdots sind photolumineszent. Einfach ausgedrückt heißt das, dass sie die von der Sonne absorbierte Energie in Licht umwandeln, anstatt sie als Wärme abzugeben. Dadurch bleibt die Oberfläche des Gebäudes kühler, was den Energieverbrauch z.B. für Klimaanlagen erheblich reduzieren kann. Unter verschiedenen Bedingungen und Sonneneinstrahlungen kann die SARC-Beschichtung die Temperatur von Gebäuden um bis zu 3,2 °C senken.

Die SARC-Beschichtung arbeitet besonders effizient bei direkter Sonneneinstrahlung und bleibt stabil, sodass sie sowohl tagsüber als auch nachts wirkungsvoll ist. Besonders effektiv funktioniert die Beschichtung während der Tagesstunden, wenn die Sonne am stärksten scheint. Gleichzeitig bleibt sie nachts ebenso stabil, was sie zu einer ganzjährig einsetzbaren Lösung macht.

Tests haben gezeigt, dass die Beschichtung eine erhöhte Solarreflexion von bis zu 95 % erreichen kann. Zudem bleibt die Kühlleistung auch nach mehreren Tagen direkter Sonneneinstrahlung konstant. Diese Stabilität macht die Beschichtung ebenfalls attraktiv.

Potentiale der SARC-Beschichtung

Die Integration einer solchen passiven Kühltechnologie bietet besonders in Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung, wie Südeuropa oder dem Mittleren Osten, Vorteile. Durch die Reduzierung des Energiebedarfs von Klimaanlagen könnte die SARC-Beschichtung dazu beitragen, Gebäude effizienter zu machen, insbesondere im Kontext von Null-Energie-Gebäuden. Das hohe Quantum Yield (QY) von 33,6 % zeigt, dass diese Beschichtung eine effiziente und umweltfreundliche Lösung für die Zukunft darstellen kann.

Was ist Quantum Yield (QY)?

Der Begriff Quantum Yield (QY) beschreibt die Effizienz eines Materials, absorbierte Energie in eine andere Form, meist Licht, umzuwandeln. Je höher der QY-Wert, desto effizienter kann ein Material absorbierte Energie in Licht umwandeln, anstatt sie als Wärme abzugeben. In der SARC-Beschichtung ermöglicht ein hoher QY von 33,6 %, dass mehr absorbierte Sonnenenergie in Licht umgewandelt wird, was zu einer verbesserten Kühlleistung führt.

Die Skalierbarkeit dieser Technologie ist ein weiterer Vorteil. Die Beschichtung kann leicht auf Neubauten und bestehende Gebäude aufgetragen werden, was sie zu einer vielseitigen und umweltfreundlichen Lösung für Gebäude macht. Tests haben gezeigt, dass eine maximal mögliche Temperaturreduktion unter optimalen Bedingungen von bis zu 20 °C im Vergleich zu herkömmlichen Oberflächen möglich ist. “Bis zu” bedeutet nicht, dass wir nur mit einer solchen Beschichtung ein Kühlhaus bauen können 🙂 .

Ein weiteres Plus der SARC-Beschichtung ist ihre Kompatibilität mit verschiedenen Baumaterialien, darunter Glasperlen und Styrol-Acrylat-Emulsionen. Letztere werden häufig als Baubeschichtungen, Latexbeschichtungen von Metalloberflächen, Grundbeschichtungen aber auch als Papierkleber oder Klebstoffe verwendet. Dieser Umstand ermöglicht eine flexible Anwendung und Integration in unterschiedliche Materialkontexte.

Und nun?

Die SARC-Beschichtung stellt eine vielversprechende Innovation in der Bauwirtschaft dar. Mit ihrer Fähigkeit, Sonnenenergie umzuwandeln und die Kühlleistung dynamisch anzupassen, könnte sie die Effizienz urbaner Gebäudehüllen sehr bereichern. Damit bietet SARC eine neue Möglichkeit, den Energiebedarf von Gebäuden zu senken und gleichzeitig die Lebensqualität in urbanen Räumen zu verbessern. Architektinnen und Architekten sollten sich auf jeden Fall mit dieser Technologie auseinandersetzen, um die Vorteile in zukünftigen Projekten nutzbar zu machen.

Ich bin gespannt, wie die Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie und die konkreten Umsetzungen in Planung und Bau zukünftiger Bauwerke aussehen werden. Zumindest sollten wir nicht zu lange warten, um solche innovativen Ansätze aus dem Labor in die Praxis zu bringen und den nächsten Schritt in Richtung energieeffizientes und nachhaltiges Bauen zu gehen. Denn die Zeit drängt!

Quellenverzeichnis:

Gong, Q., Wong, H., C., Chen, J., Li, P., Lu, L. (2024) Solar-driven adaptive radiative cooling coating with polymer carbon dots-enhanced photoluminescence for urban skin, Chemical Engineering Journal, Volume 494, ISSN 1385-8947, online verfügbar.

Schlagwörter: Solar-driven Adaptive Radiative Cooling, SARC, Nachhaltigkeit, grüne Technologien, ökologischer Fußabdruck, Energieeffizienz, nachhaltige Materialien, Energieverbrauch, CO2-Emissionen.

Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2024). SARC – Solarbetriebene adaptive Kühlbeschichtung für Gebäude [Blog-Beitrag]. 01.10.2024. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar