Zukunft der Arbeit – KI als Partner oder Konkurrent?

Die Zukunft der Arbeit in der Bau- und Immobilienwirtschaft steht wie viele andere Branchen vor einer Zeit des Wandels. Die Digitalisierung ist schon seit einigen Jahren ein treibender Faktor, doch eine Technologie scheint das Potenzial zu haben, die Spielregeln grundlegend zu ändern: Künstliche Intelligenz (KI). Doch was bedeutet diese Entwicklung für die Arbeitsplätze in der Bau- und Immobilienbranche? Ist KI ein Partner, der uns unterstützt, oder ein Konkurrent, der uns verdrängt? Diese Frage soll in diesem Beitrag erörtert werden.

Künstliche Intelligenz als Werkzeug in der Zukunft der Arbeit

Die erste Berührung vieler Menschen in der Bau- und Immobilienbranche mit KI mag in Form von Software-Tools oder Robotern geschehen, die Routineaufgaben automatisieren (siehe z.B. der KI-Roboter Maximo). Vieleicht hat der Eine oder die Andere bereits mit der KI-Plattform Syte gearbeitet (eine Art digitales Grundbuch) oder der KI-gestützten Bauplanungsplattform ARCHITEChTURES oder PropertyMax, um das Maß der Bebaubarkeit zu untersuchen oder mit Plattformen wie Yanus oder LookX.

Doch wie helfen solche Tools und Plattformen? Ein Beispiel ist die automatisierte Planung, bei der KI-gestützte Programme komplexe Pläne analysieren und optimieren können. Früher brauchte eine Architektin oder ein Architekt Tage oder Wochen, um alternative Entwürfe zu erstellen – heute könnte das eine KI in wenigen Minuten erledigen. Doch bevor Sie jetzt denken, Ihr Beruf wäre überflüssig geworden: Solche Tools nehmen Ihnen nicht die Arbeit ab, sondern ermöglichen es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es ist wie ein Backofen: Sie könnten Ihr Brot auch über einem Lagerfeuer backen, um das Sie sich ständig kümmern müssten. Der Ofen gibt Ihnen jedoch die Zeit, sich um die wichtigen Dinge zu kümmern ohne auf das Feuer zu achten.

Ein weiterer Einsatz von KI ist die Bauüberwachung. Beispielsweise können Drohnen, die mit KI ausgestattet sind, Baustellen überwachen und Daten in Echtzeit erfassen und analysieren. Das bedeutet nicht, dass die Bauleitung überflüssig wird. Vielmehr erhält die Bauleiterin bzw. der Bauleiter genaue und aktuelle Informationen, um bessere Entscheidungen treffen zu können. In diesem Fall ist KI eindeutig ein Partner, der die Effizienz und Genauigkeit erhöht.

Ein weiteres Feld, auf dem KI zunehmend Fuß fassen wird, ist die Immobilienbewertung und -verwaltung. Hier kann KI Daten wie Markttrends und demografische Entwicklungen analysieren, um fundierte Entscheidungen über den Kauf, Verkauf oder die Verwaltung von Immobilien zu unterstützen. Früher war die Bewertung einer Immobilie eine Aufgabe, die viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erforderte. Jetzt kann eine KI auf Knopfdruck eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen und eine erste (!) Empfehlung aussprechen.

Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass diese Technologie die menschlichen Expertinnen und Experten kurz- und mittelfristig unmittelbar ersetzt. Stattdessen wird sie ihnen helfen, noch präzisere und fundiertere Entscheidungen zu treffen. Stellen Sie sich KI als den Assistenten vor, der Ihnen immer den richtigen Schraubenschlüssel reicht, während Sie an einem komplizierten Mechanismus arbeiten. Der Assistent erledigt nicht die Arbeit, aber er macht sie viel einfacher.

Augmented Intelligence statt Artificial Intelligence

Wenn wir das oben genannte mal bedenken, bedeutet das, dass der Begriff Künstliche Intelligenz etwas irreführend ist. Wir sollten es mehr als Erweiterung unserer Intelligenz sehen – also mehr Augmented Intelligence statt Artificial Intelligence. Denn der Mensch ist und bleibt im Mittelpunkt. Der Mensch schafft sich die erweiterte Intelligenz, um mit ihr Probleme zu lösen. Der Mensch nutzt die erweiterte Intelligenz, um seine Entscheidungen zu unterstützen. Und ohne die Aktivitäten des Menschen macht die KI auch erstmal gar nichts. Sie ist wie ein Werkzeug, das in den versierten Händen seiner Benutzerin oder seines Benutzers kraftvoll und nützlich sein kann, aber ohne menschliches Zutun untätig bleibt. Ein Hammer beispielsweise kann keinen Nagel von allein einschlagen; es bedarf der Hand, die ihn führt. Genauso verhält es sich mit Augmented Intelligence: Sie kann unsere Fähigkeiten erweitern, aber nur, wenn wir sie bewusst einsetzen und eigenverantwortlich lenken. Ohne den Menschen ist sie nichts weiter als eine ungenutzte Ressource, eine Möglichkeit ohne Zweck. Und eine Welt wie in Terminator, in der Maschinen selbst agieren und Maschinen reproduzieren und sogar weiter entwickeln, davon sind wir noch weit entfernt. Und ich denke ich spreche im Namen aller, den Krieg gegen Skynet wollen wir nicht wirklich. By the way, heute ist der 29. August. Der Tag an dem Skynet sein Bewusstsein erlangte.

Herausforderungen und ethische Überlegungen

Trotz all der potenziellen Vorteile, die KI mit sich bringt, gibt es auch Herausforderungen und Bedenken (lesen Sie auch eine ausführliche Betrachtung der dunklen Seite von KI in diesem Beitrag). Eine davon ist die Frage nach den Arbeitsplätzen. Wenn KI immer mehr Aufgaben übernimmt, was passiert dann mit den Menschen, die diese Aufgaben bisher ausgeführt haben? Ein Maurer, der 20 Jahre Erfahrung hat, kann durch eine Maschine ersetzt werden, die Mauerwerk schneller und möglicherweise präziser errichtet. Doch was geschieht mit dem Maurer?

Hier kommt die Rolle der Weiterbildung ins Spiel. Es ist wichtig, dass Arbeitnehmende in der Bau- und Immobilienwirtschaft die Möglichkeit erhalten, sich weiterzubilden und neue Fähigkeiten zu erwerben, die sie in einer durch KI geprägten Welt benötigen. Das könnte zum Beispiel die Bedienung von KI-gesteuerten Maschinen sein oder das Management von Projekten, die stark auf digitale Technologien setzen. Mehr Aufgaben mit Management Charakter und weniger ausführende Aufgaben. Wenn Sie sich das so vorstellen: Ein Maurer, der plötzlich zum Dirigenten eines Orchesters aus Robotern wird, klingt doch irgendwie spannend. In unserer Studie RobotVETcon haben wir so etwas untersucht.

Was jetzt kommt, soll in keinster Weise despektierlich klingen, aber wir müssen auch daran denken, dass es Wirtschaftszweige gibt, die materiell und intellektuell eher niederschwellig sind. Soll heißen, dass es auch Menschen gibt, die mit mehr Einsatz und Aufwand in die Zukunft begleitet werden müssen. Technologie ist eben nicht alles, der Mensch ist und bleibt im Mittelpunkt aller Bemühungen. Nur so kann es gelingen, dass alle Zugang und Nutzen haben von den zukünftigen technologischen Entwicklungen. Und nur dann kann auch KI bzw. AI (hier als Artificial Intelligence) einen wertvollen Beitrag für die gesamte Gesellschaft bieten.

Zudem gibt es bei KI immer die ethischen Überlegungen, die manchmal unbequem erscheinen, aber trotzdem nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Beispielsweise muss sichergestellt werden, dass die empfohlenen Entscheidungen, die von KIs getroffen werden, transparent und nachvollziehbar sind. Denn der Output einer KI ist nicht mehr als eine Empfehlung – entscheiden tun noch immer die Menschen. Aus der Nummer kommen wir nicht raus. Und nicht zuletzt der Datenschutz und die Datensicherheit bleiben große Themen, vor allem im Betrieb von Gebäuden, wo zum Teil sensible Informationen der Bewohnerinnen und Bewohner verarbeitet werden.

Und nun?

Am Ende bleibt die Frage: Ist KI in der Bau- und Immobilienwirtschaft ein Partner oder ein Konkurrent? Die Antwort ist: Sie kann beides sein. Es hängt davon ab, wie wir diese Technologie einsetzen und für uns im Sinne einer erweiterten Intelligenz anpassen. Wenn wir KI als Werkzeug betrachten, das uns hilft, effizienter und präziser zu arbeiten, dann ist sie ein Partner. Wenn wir jedoch versuchen, sie als Ersatz für menschliche Arbeit zu sehen, dann kann sie schnell zum Konkurrenten werden.

Es liegt an uns, die Entwicklung in die richtige Richtung zu lenken. Denn wie bei einem Bauprojekt hängt das Ergebnis davon ab, wie gut wir die Werkzeuge, die uns zur Verfügung stehen, nutzen. Und wie beim Bau eines Hauses ist es nicht nur die Arbeit des Maurers, sondern auch aller anderen Beteiligten, die am Ende den Unterschied ausmacht.

In der Bau- und Immobilienwirtschaft, wie auch in vielen anderen Branchen, wird die Zukunft der Arbeit stark von den Entwicklungen der KI beeinflusst. Ob wir diese Entwicklungen als Bedrohung oder Chance sehen, liegt in unserer Hand. Denn eins ist sicher: Die Zukunft lässt sich zwar nicht aufhalten, aber sie ist zum Teil steuerbar. Wenn wir das Ruder übernehmen wollen.

Schlagwörter: Arbeitsplätze, Künstliche Intelligenz, Bauwirtschaft, Immobilien, Zukunft der Arbeit

Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2024). Zukunft der Arbeit – KI als Partner oder Konkurrent? [Blog-Beitrag]. 29.08.2024. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar