Im Beitrag Einfluss der Digitalisierung auf den Katastrophenschutz habe ich beim Thema Digitale Modellierung und Simulation bereits von der Erfassung und Auswertung von Gebäudedaten geschrieben (z.B. mit openHAB 4.2) und diesen Blick von einem Gebäude auf eine ganze Stadt gerichtet. Wenn Daten mit vernetzten Technologien in ganzen Siedlungsräumen erfasst und analysiert werden, dann sprechen wir von einer Smart City.
Die Idee der Smart City hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen, da Städte weltweit vor Herausforderungen wie Urbanisierung, Umweltverschmutzung und Verkehrsüberlastung stehen. Durch die Integration moderner Technologien und digitaler Lösungen können Städte effizienter, lebenswerter und nachhaltiger gestaltet werden. In diesem Blogbeitrag betrachten wir, wie Digitalisierung und intelligente Mobilität zur Nachhaltigkeit beitragen und welche Vorteile das für die urbane Gesellschaft mit sich bringt. Auch in der Politik ist dieser Trend angekommen (siehe: Bundesministerin Klara Geywitz besucht in Süderbrarup (SH) und Hamburg Projekte)
Was ist eine Smart City?
Laut den Vereinten Nationen wird erwartet, dass bis 2050 etwa 68 % der Weltbevölkerung in Städten leben werden. Das erfordert innovative Lösungen, um die Lebensqualität zu erhalten und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck zu minimieren (Brandt et al., 2018). Eine Smart City kann dabei ein wertvolle Lösung sein. Diese nutzt digitale Technologien und Daten, um städtische Dienstleistungen zu verbessern, die Effizienz von Ressourcen zu maximieren und das Leben der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Das umfasst vielfältige Bereiche wie z.B. Energieversorgung, Verkehrssysteme, Abfallmanagement und vieles mehr (Strelkova et al., 2020).
Digitalisierung als Schlüssel zur Smart City
Im folgenden werde ich Ihnen Schlüsseltechnologien vorstellen, die uns ermöglichen Städte smart zu machen.
Internet der Dinge (IoT): Das Internet der Dinge (IoT) ist eine zentrale Technologie für die Smart City. IoT-Geräte, wie Sensoren und intelligente Beleuchtungssysteme, sammeln und analysieren Daten in Echtzeit, um städtische Abläufe zu optimieren. Beispielsweise können Sensoren in Abfalleimern überwachen, wann diese geleert werden müssen, um Abholrouten effizienter zu gestalten (Casini, 2017).
Künstliche Intelligenz (KI): Künstliche Intelligenz spielt eine entscheidende Rolle in der Datenanalyse und Entscheidungsfindung. Durch maschinelles Lernen können Algorithmen Verkehrsströme analysieren, um Staus zu vermeiden und die Effizienz des öffentlichen Nahverkehrs zu verbessern. KI kann auch dazu beitragen, Energieverbrauchsmuster zu erkennen und Optimierungsstrategien zu entwickeln (Ahad et al., 2020). Hinweis: In diesem Beitrag finden Sie eine Erklärung zu den vier Typen künstlicher Intelligenz.
Big Data und Datenanalyse: Daten sind das Rückgrat jeder Smart City. Durch die Sammlung und Analyse großer Datenmengen können Städte fundierte Entscheidungen treffen. Beispielsweise können Wetterdaten, Verkehrsinformationen und soziale Medien genutzt werden, um aufkommende Probleme frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren (Shin et al., 2021). Beispiele für Tools zur Datenanalyse finden Sie in diesem Beitrag (siehe dort Tipp 10).
Mobilität in der Smart City
Neben den oben genannten Technologien spielt die Mobilität innerhalb einer Smart City auch eine wesentliche Rolle.
Intelligente Verkehrssysteme: Intelligente Verkehrssysteme (engl. Intelligent Transportation Systems, kurz ITS) nutzen Technologien wie Echtzeit-Verkehrsdaten, vernetzte Fahrzeuge und smarte Ampelsysteme, um den Verkehrsfluss zu optimieren. Durch die Anpassung von Ampelphasen in Echtzeit können Staus reduziert und die Reisezeiten verkürzt werden (Marinova, 2017).
Autonomes Fahren: Autonome Fahrzeuge versprechen einen grundsätzlichen Wandel im städtischen Verkehr. Selbstfahrende Autos können den Verkehr effizienter gestalten und gleichzeitig die Anzahl der Unfälle reduzieren. Darüber hinaus können autonome Fahrzeuge in Fahrgemeinschaften eingesetzt werden, um den Individualverkehr zu verringern und somit die Umweltbelastung zu minimieren (Naguib & Ragheb, 2022). Wenn Sie wissen möchten, ob autonome Fahrzeuge bald auch auf Baustellen fahren werden, denn empfehle ich Ihnen diesen Beitrag.
Elektromobilität: Die Elektrifizierung des Verkehrssektors ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zur nachhaltigen Mobilität. Elektrofahrzeuge (engl. Electric Vehicles, kurz EVs) emittieren keine lokalen Schadstoffe und tragen zur Reduzierung der städtischen Luftverschmutzung bei. Durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur können Städte den Übergang zur Elektromobilität fördern (Somayya & Ramaswamy, 2016). In Kombination mit dem autonomen Fahren können damit grundlegend neue Verkehrskonzepte umgesetzt werden.
Öffentlicher Nahverkehr: Ein effizienter öffentlicher Nahverkehr ist ein wichtiger Baustein für die nachhaltige Mobilität in Smart Cities. Digitale Plattformen ermöglichen die nahtlose Integration verschiedener Verkehrsmittel, wie Busse, Bahnen und Fahrräder. Echtzeitinformationen über Abfahrtszeiten und Kapazitäten helfen den Bürgerinnenund Bürgern, ihre Reisen besser zu planen (Kar et al., 2019) und fördern damit die Akzeptanz von neuen Mobilitätslösungen.
Nachhaltigkeit durch intelligente Mobilität in der Smart City
Viele Technologien in der digitalen Transformation sind nicht nur Selbstzewck, sondern sind Ermöglicher für ein höheres Ziel, und zwar die Nachhaltigkeit. Dabei können verschiedene Bereiche innerhalb eines urbanen Raumes positiv beeinflusste werden.
Reduktion von CO2-Emissionen: Der Verkehrssektor ist eine der größten Quellen von Treibhausgasemissionen. Durch die Förderung von Elektrofahrzeugen und die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs können Städte ihre CO2-Emissionen erheblich reduzieren. Intelligente Verkehrssysteme tragen ebenfalls zur Senkung des lokalen Energieverbrauchs bei (Yigitcanlar et al., 2019).
Luftqualität: Die Luftqualität in Städten ist oft schlecht, was negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner hat. Durch die Reduktion des Individualverkehrs und den Einsatz sauberer Verkehrsmittel können Städte die Luftqualität verbessern und so die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger erhöhen (Mele, 2022).
Flächeneffizienz: Intelligente Mobilitätslösungen können den Platzbedarf für Parkplätze und Straßen verringern. Autonome Fahrzeuge und Fahrgemeinschaften benötigen weniger Parkflächen, während effiziente öffentliche Verkehrssysteme den Bedarf und den Instandsetzungsaufwand von Straßen reduzieren. Das schafft sogar Raum für weitere Grünflächen und andere öffentliche Einrichtungen (França et al., 2021).
Soziale Nachhaltigkeit: Intelligente Mobilitätssysteme fördern die soziale Inklusion, indem sie den Zugang zu Verkehrsmitteln für alle Bürgerinnen und Bürger verbessern. Durch barrierefreie Transportmöglichkeiten und erschwingliche Preise kann sichergestellt werden, dass niemand aufgrund mangelnder Mobilität ausgeschlossen wird (Stratigea et al., 2015).
Smart City Beispiele
Smart City ist nichts, was erst noch kommen wird. Verschiedene Städte haben sich bereits auf den Weg gemacht und zeigen, dass Städte in der Tat smart und nachhaltiger werden können.
Barcelona: Barcelona kann als eine der Vorreiter in der Umsetzung von Smart-City-Technologien angesehen werden. Die Stadt nutzt ein umfangreiches Netzwerk von Sensoren, um den Verkehr zu überwachen und die städtische Infrastruktur zu optimieren. Darüber hinaus fördert Barcelona die Nutzung von Fahrrädern und hat ein umfassendes Bike-Sharing-System etabliert (Strelkova et al., 2020). Übrigens: Vom 5 – 7 November 2024 findet der Smart City Expo World Congress in Barcelona statt.
Singapur: Singapur nennt sich selbst Smart Nation Singapore und hat nach eigenen Angaben bereits in den 1960ern erste Grundlagen für eine Smart City gelegt (siehe hier). Die Stadt ist bekannt für seine fortschrittlichen Verkehrsmanagementsysteme. Sie setzt auf ein satellitengestütztes Mautsystem, um den Verkehrsfluss zu steuern, und fördert den Einsatz autonomer Busse. Durch diese Maßnahmen konnte Singapur die Verkehrsüberlastung deutlich reduzieren (Lee et al., 2016).
Kopenhagen: Kopenhagen hat sich das Ziel gesetzt, die erste CO2-neutrale Hauptstadt der Welt zu werden (siehe hier). Die Stadt investiert stark in den Ausbau der Fahrradwege und fördert die Nutzung von Elektrofahrzeugen. Kopenhagen nutzt auch intelligente Beleuchtungssysteme, um den Energieverbrauch zu senken (Yigitcanlar et al., 2018). Als Smart City dient Kopenhagen als Labor und Modell für viele andere Städte. Bereits jetzt sind rund 250 Unternehmen und Start-ups an Smart-City-Aktivitäten in der Stadt beteiligt (siehe hier).
Herausforderungen für die Smart City
Obgleich es gute Beispiele gibt, wie Smart Cities umgesetzt werden können, so sind diese Beispiele nicht von heute auf morgen umgesettt worden. In diesem Kontext mussten auch Lösungen für verschiedene Herausforderungen gefunden werden.
Datenschutz und Datensicherheit: Die Sammlung und Verarbeitung großer Datenmengen in Smart Cities wirft natürlicherweise immer Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit auf. Städte müssen sicherstellen, dass die Daten ihrer Bürgerinnen und Bürger geschützt sind und transparent verwendet werden (Chatfield & Reddick, 2016). Diese Problem ist zwar allgegenwärtig, kann aber mit Rücksicht auf entsprechende Regularien und Richtlinien und den richtigen Strategien gelöst werden.
Finanzierung und Infrastruktur: Der Aufbau einer Smart City erfordert erhebliche Investitionen in Technologie und Infrastruktur. Öffentliche und private Partnerschaften können dabei helfen, die notwendigen Mittel zu mobilisieren. Gleichzeitig müssen Städte sicherstellen, dass die neuen Systeme nachhaltig und wartungsfreundlich sind (Soriano et al., 2016).
Technologische Integration: Die Integration verschiedener Technologien und Systeme ist eine komplexe Herausforderung. Städte müssen sicherstellen, dass die verschiedenen Komponenten nahtlos zusammenarbeiten, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Dies erfordert standardisierte Protokolle und eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren (Rindone, 2019). Daneben gilt es zu berücksichtigen, dass sich eine Smart City innerhalb eines Bestands entwickelt und somit die bereits gebaute Umwelt und Infrastruktur maßgebend ist für die Erweiterung und Adaption neuer Technologien.
Bürgerbeteiligung: Die Akzeptanz und Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Smart City Initiativen. Städte müssen ihre Bewohnerinnen und Bewohner aktiv in den Planungs- und Umsetzungsprozess einbeziehen und sicherstellen, dass die neuen Technologien den Bedürfnissen und Erwartungen der Bürger entsprechen (Bibri & Krogstie, 2017). Ansonsten besteht die Gefahr, das z.B. technologische Innovationen nicht Akzeptiert oder im schlimmsten Fall rigoros abgelehnt werden. Zur Akzeptanz von digitalen Lösungen lesen Sie diesen Beitrag.
Und nun?
Digitalisierung und intelligente Mobilität bieten enorme Chancen, um Städte nachhaltiger und lebenswerter zu gestalten. Durch den Einsatz digitaler Technologien können Städte ihre Ressourceneffizienz steigern, die Umweltbelastung reduzieren und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger verbessern. Erfolgreiche Beispiele zeigen, dass es möglich ist, diese Vision in die Tat umzusetzen und dass es möglich ist – Schritt für Schritt – den Weg hin zur Smart City zu gehen.
In den kommenden Jahren werden weitere Technologien wie 5G und Quantencomputing eine noch größere Rolle in Smart Cities spielen. 5G bietet die Grundlage für ultraschnelle, zuverlässige und niedrige Latenzverbindungen, welche für die Vernetzung zahlreicher Geräte in Smart Cities unerlässlich sind. Quantencomputing hat das Potenzial, komplexe Berechnungen und Datenanalysen um ein Vielfaches schneller durchzuführen als klassische Rechensysteme. Das kann Vorteile bringen bei der Analyse von großen Datenmengen oder der Optimierung der Energieverteilung in einer Smart City.
Diese und weitere Technologien bieten neue Möglichkeiten zur Verbesserung der städtischen Dienstleistungen und zur Förderung der Nachhaltigkeit. Die Akteure in der Bau- und Immobilienwirtschaft haben ihre Verantwortung erkannt und mit der richtigen Strategie und der aktiven Beteiligung aller Stakeholder können Smart Cities einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft für alle leisten.
Quellenverzeichnis:
Ahad, M., Paiva, S., Tripathi, G., & Feroz, N. (2020). Enabling technologies and sustainable smart cities. Sustainable Cities and Society. online
Bibri, S. E., & Krogstie, J. (2017). Smart sustainable cities of the future: An extensive interdisciplinary literature review. Sustainable Cities and Society, 31, 183-212. online
Brandt, T., Ketter, W., Kolbe, L., Neumann, D., & Watson, R. (2018). Smart Cities and Digitized Urban Management. Business & Information Systems Engineering, 60, 193-195. online
Casini, M. (2017). Green Technology for Smart Cities. IOP Conference Series: Earth and Environmental Science, 83, 012014. online
Chatfield, A., & Reddick, C. (2016). Smart City Implementation Through Shared Vision of Social Innovation for Environmental Sustainability. Social Science Computer Review, 34(6), 757-773. online
França, R. P., Monteiro, A. C. B., Arthur, R., & Iano, Y. (2021). Smart Cities Ecosystem in the Modern Digital Age: An Introduction. Springer, 49-70. online
Kar, A., Ilavarasan, V., Gupta, M., Janssen, M., & Kothari, R. (2019). Moving beyond Smart Cities: Digital Nations for Social Innovation & Sustainability. Information Systems Frontiers, 21, 495 – 501. online
Lee, S. K., Kwon, H. R., Cho, H., Kim, J. B., & Lee, D. (2016). International Case Studies of Smart Cities: Singapore, Republic of Singapore. online
Marinova, D. (2017). Sustainability and Smart Technology. Proceedings of the 26th International Conference on World Wide Web Companion. online
Mele, C. (2022). Smart Cities and Sustainability. Research Anthology on Measuring and Achieving Sustainable Development Goals. online
Naguib, I. M., & Ragheb, S. A. (2022). Achieving Sustainability in Smart Cities & Its Impact on Citizen. International Journal of Sustainable Development and Planning. online
Shin, S.-Y., Kim, D., & Chun, S. A. (2021). Digital Divide in Advanced Smart City Innovations. Sustainability, 13(7), 4076. online
Somayya, M., & Ramaswamy, R. (2016). Amsterdam Smart City (ASC): Fishing Village To Sustainable City. , 204, 831-842. online
Stratigea, A., Papadopoulou, C., & Panagiotopoulou, M. (2015). Tools and Technologies for Planning the Development of Smart Cities. Journal of Urban Technology, 22, 43 – 62. online
Rindone, C. (2019). URBAN TRANSPORT PLANNING, ITS AND ENERGY RESOURCES: A FRAMEWORK FOR SMART CITY CASE STUDIES. Coastal Cities and their Sustainable Future III. online
Soriano, F., Samper, J., Martínez-Durá, J. J., & Gimeno, R. V. C., & Carrillo, E. (2016). Smart cities technologies applied to sustainable transport. Open data management. 2016 8th Euro American Conference on Telematics and Information Systems (EATIS), 1-5. online
Strelkova, I., Antropov, V., & Ivanovckya, Z. V. (2020). Smart city technologies as an innovative factor in the development of the sustainable cities. E3S Web of Conferences. online
Yigitcanlar, T., Kamruzzaman, M., Foth, M., Sabatini-Marques, J., Costa, E., & Ioppolo, G. (2019). Can cities become smart without being sustainable? A systematic review of the literature. Sustainable Cities and Society. online
Yigitcanlar, T., & Kamruzzaman, M. (2018). Smart Cities and Mobility: Does the Smartness of Australian Cities Lead to Sustainable Commuting Patterns?. Journal of Urban Technology, 26(1), 21-46. online
Schlagwörter: Smart City, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Mobilität, Internet of Things, Künstliche Intelligenz
Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2024). Smart City: Mit Digitalisierung in eine nachhaltige Zukunft [Blog-Beitrag]. 12.08.2024. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar