Aktualisiert am 13. Oktober 2025
Sicherlich ist es Ihnen bereits auch aufgefallen, dass sich der zunehmende Online-Handel scheinbar auf die Qualität der Auslage und die Beratung in manchen Geschäften auswirkt.
Mir ist das letztens bei einem Besuch in einem meiner örtlichen Elektromärkte aufgefallen. Die Auslage war unsortiert, teilweise waren die Produkte falsch oder mangelhaft zusammengebaut (z.B. Ventilatoren). Kisten mit Produkten standen “kreuz und quer” auf Paletten in den Gängen und eine Beratung war kaum möglich, da entweder niemand zu Gegen war oder, wenn jemand zu finden war, dieser nicht wirklich vom Fach schien.
Ich mag hier niemandem einen Vorwurf machen wollen, da sich die aktuelle Situation aus einer Verknüpfung von unterschiedlichen Entwicklungen begründet. Was wir z.B. auch (wieder) an der Situation von Karstadt sehen. Treten wir jedoch einen großen Schritt zurück und betrachten das Große und Ganze, so stellt sich die Frage, wie es zu einer solchen Situation kommen kann.
Ein wichtiger Grund ist sicherlich der zunehmenden Online-Handel – auch angetrieben durch die COVID-19-Pandemie. Das hat unsere Einkaufsgewohnheiten grundlegend verändert.
Laut der Daten von Statista (2023) hat der E-Commerce einen erheblichen Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz erlangt und steigt fast kontinuierlich.
Wir als Verbraucher schätzen die Bequemlichkeit des Online-Shoppings und den einfachen Zugang zu einer breiten Produktpalette.
Diese Verschiebung im Kaufverhalten hat jedoch zu spürbaren Herausforderungen für physische Einzelhandelsimmobilien geführt.
Beispielsweise sind die Leerstandsraten in Einkaufszentren gestiegen. Zudem kämpfen viele Geschäfte mit sinkenden Umsätzen und versuchen diese mit Kostenreduzierungen zu kompensieren (u.a. zu Lasten des Personals und des Services).
Die Transformation von Einkaufszentren zu multifunktionalen Gemeinschaftszentren
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, haben einige Eigentümer von Einzelhandelsimmobilien innovative Wege eingeschlagen. Die Umwandlung von Einkaufszentren in multifunktionale Gemeinschaftszentren ist ein dabei ein vielversprechendes Konzept.
Diese Gemeinschaftszentren bieten weit mehr als nur Einkaufsmöglichkeiten. Sie beinhalten Co-Working-Spaces (dazu wird es einen eigenen Blog-Beitrag geben), Fitnessstudios, Restaurants, kulturelle Veranstaltungen und Bildungsangebote.
Eine Untersuchung von Colliers International (2020) zeigt, dass solche multifunktionalen Zentren die soziale Interaktion und das Gemeinschaftsgefühl fördern.
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WeiterlesenWährend meiner Zeit an der Cambridge University in Großbritannien habe ich relativ nahe an einem solchen multifunktionale Gemeinschaftszentrum gewohnt und ich muss zugeben, es war in der Tat sehr annehmlich im gleichen Gebäude das Fitnessstudio und das Kino zu haben wie auch die Einkäufe zu erledigen.
Das ich dort auch noch einen sehr netten Menschen getroffen habe mit dem ich noch immer befreundet bin mag ein Zufall sein, bestätigt aber auch die Untersuchung von Colliers International.
Die Bedeutung von Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
Die erfolgreiche Umgestaltung von Einzelhandelsimmobilien erfordert Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Das beinhaltet die Neugestaltung von Innenräumen, um Platz für neue Dienstleistungen und Aktivitäten zu schaffen. Investitionen in Renovierungen und Umbauten sind aus diesem Grund notwendig.
Innovative Mietmodelle sind ebenfalls ein wichtiges Instrument. Umsatzbeteiligungsmodelle, kürzere Mietverträge und Flexibilisierung der Flächennutzung ermöglichen es Mietern, sich besser an die sich ändernden Marktbedingungen anzupassen.
So können Kostenreduzierungen z.B. über die Flächennutzung und nicht nur über die Personalkosten realisiert werden.
Und nun?
Der Online-Handel hat ohne Zweifel den physischen Einzelhandel beeinflusst. Die Umwandlung von Einzelhandelsimmobilien in multifunktionale Gemeinschaftszentren bietet dabei eine vielversprechende Lösung.
Diese Zentren schaffen eine neue Form des Einzelhandels, die soziale Interaktion und Gemeinschaftsgefühl betont. Doch die erfolgreiche Umgestaltung erfordert Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Investitionen in die Zukunft des Einzelhandels wie auch den Willen und den Mut solche Schritte zu gehen.
Quellenverzeichnis:
Statista. (2023). E-Commerce – Statista-Dossier.
Colliers International (2020). Retail First Half 2020 – Research and Forecast Report.
Schlagwörter: Online-Handel, physischer Einzelhandel, Einzelhandelsimmobilien, Karstadt, Umwandlung, multifunktionale Gemeinschaftszentren, Flexibilität.
Diesen Beitrag zitieren: Karl, C. [Christian K. Karl]. (2023). Online-Handel und die Auswirkungen auf Einzelhandelsimmobilien [Blog-Beitrag]. 12.12.2023. BauVolution, ISSN 2942-9145. online verfügbar
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Durch den zunehmenden Online-Handel – beschleunigt u.a. durch die COVID-19-Pandemie – verschiebt sich das Kaufverhalten hin zu mehr Bequemlichkeit und einer größeren Produktauswahl. Das wirkt sich negativ auf klassische Einzelhandelsgeschäfte aus: sinkende Umsätze, häufiger Leerstände, schlechterer Service oder reduzierte Qualität in der Auslage sind sichtbare Folgen.
Multifunktionale Gemeinschaftszentren kombinieren Einkaufsmöglichkeiten mit zusätzlichen Nutzungen wie Restaurants, Freizeit- und Kulturangeboten, Co-Working-Spaces oder Fitnessstudios. Sie sollen den physischen Einzelhandel attraktiver machen und soziale Begegnungen fördern – also mehr sein als nur Orte zum Einkaufen.
Eigentümer müssen flexibler werden: Innenräume sollen umgestaltet werden, um neue Nutzungen zu ermöglichen, Mietmodelle werden variabler z. B. über Umsatzbeteiligung oder kürzere Laufzeiten. Zudem sind Investitionen nötig, um Immobilien an die neuen Bedürfnisse anzupassen.
Die Flächennutzung wird flexibler gestaltet – nicht jede Fläche wird dauerhaft für das gleiche Geschäft genutzt. Mietverträge werden oft kürzer und variable Modelle sind gefragt, z. B. Verträge mit Umsatzbeteiligung. So haben Mieter und Vermieter mehr Spielraum bei sich ändernden Marktbedingungen.
Eine zukunftsfähige Strategie beinhaltet unter anderem: Umwandlung zu Gemeinschaftszentren mit gemischter Nutzung, stärkere Betonung von Erlebnis und Community, flexible und anpassbare Raumkonzepte sowie Mietmodelle, die sich an wechselnden Anforderungen orientieren. Darüber hinaus braucht es den Mut zur Veränderung und Investitionen für Umbauten und Modernisierungen.
Dr.-Ing. Christian K. Karl ist Bauingenieur, Fachdidaktiker und Experte für die digitale Transformation in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Er leitet die Fachdidaktik Bautechnik an der Universität Duisburg-Essen und forscht zu BIM, Künstlicher Intelligenz, Future Skills und Resilienzbildung in der Bau- und Einsatzpraxis. Zudem ist er Vorsitzender des Richtliniengremius VDI/bS 2552 Blatt 8 zur BIM-Qualifizierung. Neben seiner akademischen Tätigkeit engagiert er sich ehrenamtlich in der DLRG sowie als Berater und Coach für digitale Transformationsprozesse. Auf BauVolution.de verbindet er wissenschaftliche Expertise mit praxisnahen Einblicken. Abseits der Forschung ist er Familienvater, Filmenthusiast, Taucher, Fallschirmspringer und Motorsport-Fan.





